Chronik/Wien

"Sagt's net Depperter, sondern Herr Inspektor"

Eine der ersten Fragen, die der bekannte Wiener Strafverteidiger Rudolf Mayer von den 15- und 16-jährigen Schülern gestellt bekam, lautete: „Wann darf man sich verteidigen, und wie geht die Notwehr?“ Gefolgt von: „Welche Waffe darf man legal haben?“

Der Anwalt, der Beschuldigte zwischen 14 (der mutmaßliche IS-Terrorist Mertkan G., der demnächst seinen Prozess bekommt) und 80 Jahren (Inzest-Vater Josef Fritzl) vor Gericht vertritt, absolvierte einen Gastauftritt in der Polytechnischen Schule und Fachmittelschule Wien 15.

Kennengelernt hatte man einander im Grauen Haus beim Prozess gegen einen Türken, der einen Juwelier überfallen hatte. Die Klasse – in der 16 Nationen vertreten sind – saß im Zuschauerraum und wollte später mehr aus der Praxis eines Strafverteidigers erfahren.

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Ein großes Thema ist der Umgang mit der Polizei. Da ist Mayer in seinem Element. Er fordert schon lang, dass jegliches Einschreiten der Exekutive – mit an den Uniformen montierten Knopflochkameras – dokumentiert wird. Dann habe man später objektive Beweise in beide Richtungen, wenn es um Angriffe gegen die Beamten und um von ihnen ausgehende Misshandlungen geht.

Den Schülern rät Mayer dazu, immer einen Ausweis dabei zu haben, auch wenn keine Verpflichtung dazu besteht. „Aber sonst nimmt euch die Polizei mit auf die Wachstube.“ Und wenn das passiert, „dann sagt’s net ’Depperter’, sondern ’Herr Inspektor’, dann schaukelt sich das nicht auf.“

Jugendhaft

Ob man als Jugendlicher auch ins Gefängnis kommt, will einer wissen. Ja, sagt der Anwalt und legt gleich los: „Die Kleinen werden vergewaltigt. Ab vier Jahren dort drinnen ist man ein anderer Mensch, mit einem irreversiblen Schaden, das sagen alle Experten.“

Und wie ist das jetzt mit der Notwehr? Gar nicht so einfach: „Wenn dir einer eine Watschen gibt, dann hau lieber nicht zurück“, rät Mayer einem Buben: „Außer er ist dabei, ein zweites Mal hinzuhauen. Weil wenn der Angriff schon vorbei ist, ist das Zurückschlagen keine Notwehr mehr.“

Von Waffen zur Selbstverteidigung rät der Anwalt ab: „Schreckschusspistolen sind ganz blöd, weil der andere greift womöglich zur echten Waffe, ihr seid tot, und der hat dann noch die Notwehr für sich.“ Darf man ein Messer einstecken haben. Na ja, es sollte keinesfalls eine Klingenlänge von 10 cm haben. Denn damit könnte ein Herz-Durchstich passieren, weiß Mayer aus seinen Gerichtsfällen.