Chronik/Wien

Reservierungen: Wer nicht kommt, wird bestraft

Die Josefstadt liegt am Meer. So lautet jedenfalls der Slogan des Fischlokals "Goldfisch" in der Lerchenfelder Straße 16, das vergangenen Dezember eröffnete. Weil die Resonanz so gut war, dehnten die Inhaber Petra Götz-Frisch und Sebastian Slavicek kürzlich die Öffnungszeiten am Freitag bis in die Abendstunden aus.

Der erste Freitagabend war komplett ausgebucht.

Und doch blieb die Hälfte der Tische leer.

Viele Kunden, die reserviert hatten, kamen einfach nicht und informierten das Restaurant auch nicht darüber. Der Laufkundschaft sagten die Restaurantchefs jedoch ab, weil sie ja überzeugt waren, dass alle Tische besetzt sein würden.

Nun spielen Petra Götz-Frisch und Sebastian Slavicek mit dem Gedanken, eine Stornogebühr einzuführen, sollte das öfters vorkommen.

Kein Einzelfall

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Dieses Erlebnis ist kein Einzelfall. Auch im Otto Wagner Schützenhaus von Christian Pock warten die "Reserviert"-Karten immer häufiger vergeblich auf angekündigte Gäste. Pock: "Die Leute werden unzuverlässiger. Sie fühlen sich offenbar nicht verpflichtet, Bescheid zu geben."

Diese Mentalität der Unverbindlichkeit wird unterstützt von Online-Plattformen wie Quandoo, bei denen man rasch und unkompliziert mehrere Reservierungen für denselben Abend abschließen und dann spontan entscheiden kann, ob man lieber zum Spanier, zum Chinesen oder zum Italiener geht.

Gäste nicht vergrämen

Eine Stornogebühr einzuführen, wie es im Goldfisch überlegt wird, traut sich Pock dennoch nicht. "Ich will meine Gäste nicht vergrämen. Ich muss doch froh sein, wenn jemand kommt."

Für Karin Artner, die in ihrem Gasthaus Ofenloch im ersten Bezirk viele Reisegruppen bewirtet, ist es unverständlich, weshalb eine Stornogebühr in der Gastronomie so etwas Ungewöhnliches sein soll. In einem Hotel könne man ja auch nicht ein Zimmer buchen und dann einfach nicht erscheinen oder im Ausland ein Leihauto reservieren und es dann nicht abholen – ohne zu bezahlen.

"Aber wieso sollte ich Ihnen meine Kartennummer geben? Ist doch nur ein Tisch!" Auf solche Aussagen antwortet Clemens Chalupecky von der spanischen Bodega "Lobo y Luna": "Für Sie ist es vielleicht nur ein Tisch, mir sichert er aber das Überleben." Und für ein Lokal, das über 22 Sitzplätze verfügt, wie das "Lobo y Luna", sind "No Shows" bereits ab geringer Personenanzahl existenzgefährdend.

Peter Dobcak, Gastronomie-Obmann in der Wirtschaftskammer Wien, ermutigt die Wirte, eine Gebühr zu verlangen – vor allem in den Spitzenzeiten wie zu Martini oder Weihnachten – damit niemand auf einem möglichen Schaden sitzen bleibt.

Bei Themenabenden im "Lobo y Luna" oder Gruppen mit einem eigenen Menü lässt sich Chalupecky mittlerweile die Personenanzahl vier Tage vor dem Event bestätigten – und verrechnet dann den vereinbarten Fixpreis, egal wie viele Leute kommen.

Artner verlangt im Ofenloch bei Gruppen ab zehn Personen 20 Euro Anzahlung pro Gast. Sollte die Gruppe ohne Absage fernbleiben, behält sie einen Teil der Anzahlung.

Der Sternekoch Konstantin Filippou lässt sich den Termin am Vortag noch einmal rückbestätigen und besteht bei Gruppen, Reservierungen von Hotel-Concierges oder bei Gästen aus dem Ausland auch die Kreditkartendaten. Wenn der Tisch nicht den Stornorichtlinien entsprechend abgesagt wird, ist ein Betrag fällig. "Anrufen sollte man immer können", ergänzt Filippous Frau Manuela.

In den vergangenen dreieinhalb Jahren wurde jedoch die Stornogebühr erst drei Mal fällig. Das zeigt: Sobald eine verbindliche Abmachung getroffen wurde und die Gefahr besteht, Geld zu verlieren, löst sich das Problem von selbst.