Chronik/Wien

Rekord bei Aufnahmetest: 12.760 wollen Arzt werden

Am Freitag in der Früh war in der U-Bahn-Station Praterstern so viel los wie sonst nur vor einem Fußball-Länderspiel im Ernst-Happel-Stadion. Doch trugen all die jungen Menschen keine rot-weiß-roten Trikots und Schals, sondern ihr Essen und Trinken – wie vorgeschrieben – in transparenten Plastiksackerln.

Die nervliche Anspannung vor der großen Prüfung für das Studium der Humanmedizin bzw. Zahnmedizin an der MedUni Wien war in vielen Gesichtern ablesbar. Etwas mehr als 8000 Interessenten hatten sich für das mehrstündige Aufnahmeverfahren in Wien angemeldet, teilnehmen wollten am Ende vier von fünf. Österreichweit waren es 12.760 Bewerber – so viele wie noch nie zuvor. In der Messe Wien hat der Test um acht Uhr begonnen und dauerte inklusive Pausen bis circa fünf Uhr am Nachmittag.

Newbies und alte Hasen

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Die Bewerber kamen von nah und fern. Da waren zum Beispiel Nora und Larissa, die gerade in Vorarlberg maturiert haben und den Test nun zum ersten Mal machten: "Wir hatten gar keine Lernpause seit unserem Abschluss. Mal schauen, was rauskommt. Das Gefühl ist bis jetzt nicht so schlecht", waren sie sich einig, während sie sich mit Äpfeln stärkten. Moritz ist in dem ganzen Prozedere hingegen schon ein alter Hase. Zum dritten Mal trat er an. Dieses Jahr geht er aber auf Nummer sicher: "Ich hab mich auch in Bratislava und in Krems beworben." Einstweilen studiert er an der BOKU, nächstes Jahr würde er es im Notfall noch einmal wagen. "Meine Eltern lieben mich, auch wenn ich am Bau hackl. Denen ist es egal", sagte der 24-Jährige.

Auch der 20-jährige Niklas sagte von sich, dass er durch den ersten Versuch vergangenes Jahr schon eine gewisse Routine entwickelt habe. In der Zwischenzeit hat er zur Überbrückung mit dem Studium der Ernährungswissenschaften begonnen. An diesem Freitag hatte er sich mit Lukas aus Deutschland angefreundet. "Man verbringt so einen intensiven Tag miteinander, da fühlt es sich schnell an, als würde man sich schon ewig kennen", waren beide froh, einander unterstützen zu können. Die Stimmung in den Pausen war kollegial, die Bewerber unterstützten sich gegenseitig, besprachen die Fragen und Antworten noch einmal oder lenkten einander ab. "In den Räumen ist es auch angenehm, es hat auch noch niemand zu weinen begonnen vor Stress", sagte die 28-jährige Lisa, die den Test vor Jahren schon einmal gemacht und dazwischen Wirtschaftswissenschaften in Deutschland studiert hat.

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"Für Mathe war wenig Zeit, sonst konnte man sich schon ganz gut auf die Fragen vorbereiten", sagten Julia und Jennifer, die aus Frankfurt für den Test nach Wien gekommen sind – wie es viele deutsche Nachbarn getan haben. Der Test-Bereich "Emotionen erkennen" war heuer neu. "Dabei wurde immer eine Situation geschildert. Zum Beispiel: Jemand war lange arbeitslos und hat jetzt einen Job gefunden. Wie fühlt sich die Person. Dann gab es fünf Auswahlmöglichkeiten. Manchmal war es ein bisschen zu schwammig, finde ich", sagte Marie.

Für Tausende heißt es jetzt, warten bis August. Da kommen die Ergebnisse.

Österreichweit waren 12.760 Bewerber zum Aufnahmeverfahren, kurz MedAT, am Freitag angetreten, das entspricht 79,8 Prozent der Anmeldungen. Nicht nur in der Bundeshauptstadt, auch in Innsbruck, Graz und an der Medizinischen Fakultät der Johannes-Kepler-Universität in Linz gab es die Möglichkeit, sich dem Test zu stellen.
„Das Interesse am Studium der Medizin ist weiterhin steigend“, erklärte Anita Rieder, die Vizerektorin für Lehre der MedUni Wien, am Rande des großen Mediziner-Auswahlverfahrens auf dem Wiener Messegelände. Die Statistik gibt ihr recht: In Wien wurden am Freitagfrüh 6508 Kandidaten gezählt – erneut mehr als im Vorjahr. Angemeldet hatten sich für den Test um rund 1500 mehr Frauen als Männer.

Die Testreihe findet seit 2005 statt, zum fünften Mal wurde das Aufnahmeverfahren als ein österreichweiter gemeinsamer und einheitlicher Test an allen heimischen Unis durchgeführt. Der Aufnahmetest ist ein mehrteiliges, schriftliches Verfahren. Dabei wird einerseits das schulische Vorwissen aus Biologie, Chemie, Physik und Mathematik getestet. Andererseits werden Textverständnis, kognitive Fähigkeiten, sowie sozial-emotionale Kompetenzen beim Multiple-Choice-Test abgeprüft.