"Goldenberg"-Prozess: Chef von rechter Hand entlastet
Der mutmaßliche Chef der Wiener Jugendbande "Goldenberg" sowie sieben weitere Angeklagte müssen sich seit Dienstag am Wiener Landesgericht verantworten. Magamed M. (21), der sich "Max Goldenberg" nannte, hatte laut Anklage die Mitglieder der nach ihm benannten Bande vor allem über Facebook rekrutiert. Der Prozess ist für vier Tage anberaumt.
Die Staatsanwaltschaft wirft den jungen Männern im Alter von 17 bis 21 Jahren unter anderem Raubüberfälle, Erpressung und Drogen-Geschäfte vor. Als Chef soll der gebürtige Tschetschene sich nur selten unmittelbar selbst an den kriminellen Handlungen beteiligt haben. So ist er lediglich wegen Beihilfe zu zwei Überfällen, Körperverletzung, Erpressung und Drogenhandels angeklagt. Er soll allerdings die Aufträge zu den Straftaten vergeben und die Verteilung der Beute - insgesamt rund 24.000 Euro - übernommen haben.
Bis zu 150 Jugendliche und junge Erwachsene sollen der Gang angehört haben. Die Goldenberg-Vereinigung an und für sich sei nicht kriminell gewesen, schränkte nun der Staatsanwalt ein. 33 wurden jedoch zur Anzeige gebracht. Neben Magamed M. müssen sich aktuell sieben Mitangeklagte vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Daniel Rechenmacher) verantworten. Zwei separate Verfahren gegen Banden-Mitglieder haben bereits stattgefunden und sind mit erstinstanzlichen Schuldsprüchen zu Ende gegangen.
Die Angeklagten im gegenständlichen Verfahren stehen teilweise das erste Mal vor Gericht, die Mehrzahl weist allerdings einschlägige Vorstrafen auf, die noch zur Probe nachgesehen und damit nicht getilgt sind. Ihre Verantwortung war unterschiedlich. Teilweise wurden die Raubüberfälle zugegeben, jene, die nur Beiträge dazu geleistet haben, bestritten jedoch zumeist jede Tatbeteiligung oder Mithilfe.
Hauptangeklagter teilgeständig
Auch der Hauptangeklagte war nur teilgeständig: Dass die anderen Raubüberfälle begangen hatten, dafür könne er nichts. Es hätte keine Koordinationssitzungen gegeben und in Auftrag habe er die Taten schon gar nicht gegeben. Teilweise geständig war der 21-Jährige bezüglich der Erpressung. Laut Anklage hatte er einem Süchtigen eine kleine Menge Cannabis übergeben und dafür einen weit überhöhten Preis verlangt. Sein Opfer habe er mit zwei weiteren Angeklagten erpresst.
Magamed M. wollte davon allerdings nichts wissen. Er habe dem Mann kein Suchtgift verkauft, sondern 600 Euro geborgt. Dies habe er etwas zu nachdrücklich zurückverlangt, weshalb er sich diesbezüglich einer Nötigung schuldig bekannte.
Aussagen entlasten Hauptangeklagten
Die rechte Hand des angeblichen Chefs entlastete diesen bei seiner Aussage deutlich. Magamed M. habe nichts von den Überfällen gewusst - und hätte ihm sicher auch davon abgeraten, wenn er ihn gefragt hätte, meinte der 20-Jährige, während sein bester Freund dazu grinste. M. sollte am ersten Verhandlungstag voraussichtlich noch nicht einvernommen werden.
Er habe die Überfälle begangen, um Geld für Drogen zu bekommen. "Drogen, das ist für den Obmann eines Sportvereins aber sehr schlecht", meinte Richter Daniel Rechenmacher. "Deshalb will ich auch aufhören." Mit den Drogen oder mit dem Sportverein?", hakte der Vorsitzende nach. Zur Namensgebung des Vereins "Goldenberg" konnte oder wollte der 20-Jährige nichts sagen. Den Namen habe Magamed M. ausgesucht, er dürfte wohl nichts bedeuten. Die Annahme der Polizei, dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg möglicherweise als Vorbild gedient habe, kam heute nicht zur Sprache.
Der 20-Jährige nahm jedenfalls seinen Freund in Schutz. Auch alle Telefonate oder Treffen vor oder nach Überfällen mit dem Hauptangeklagten hätten nichts mit den Delikten zu tun, sagte er aus. M. hätte auch nichts von seiner Drogensucht gewusst.
Laut Rechenmacher sollten noch am Dienstag Urteile gegen einige der Angeklagte ergehen, die wegen geringfügiger Delikte vor Gericht stehen. Der nächste Prozesstermin ist für Dienstag kommender Woche angesetzt.
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