Pizzeria Anarchia: "Es gab keine Fallen"
Genau eine Woche nach der Räumung des Hauses rund um die "Pizzeria Anarchia" in Wien-Leopoldstadt haben die Ex-Hausbesetzer am Montag ihre Sicht der Dinge dargestellt. "Durchschnittliche Mieten sind für uns nicht leistbar", sagte einer der Aktivisten bei einer Pressekonferenz. Die Besetzung sei außerdem ein "lautes Statement" gegen die Praktiken des Hauseigentümers gewesen.
Mehrere der Besetzer und auch ein Hund waren zu dem Medientermin in einem Kaffeehaus in der Nähe des von der Polizei geräumten Gebäudes in der Mühlfeldgasse 12 erschienen. Vier Vertreter - zwei Männer und zwei Frauen - stellten sich teilweise vermummt und hinter dunklen Sonnenbrillen getarnt den Fragen der Journalisten.
Schikanen gegen Mieter
Das "Projekt Pizza" habe bis zur Räumung gut funktioniert, wurde berichtete. Es habe Pizza gegen freie Spende gegeben, außerdem wurden Podiumsdiskussionen und Lesungen veranstaltet, auch eine Fahrradwerkstatt wurde eingerichtet. Die letzte verbliebene Mietpartei sei den Punks gegenüber immer positiv eingestellt gewesen, berichteten die Aktivisten. Die Mieterin habe die Hausbesetzer immer mit den Worten verteidigt: "Weil das alles meine Kinder sind."
Die Aktivisten berichteten auch von Schikanen gegen die zahlenden Bewohner im Haus. Es habe beispielsweise nächtliche Anrufe gegeben und die Gaszufuhr sei unangekündigt abgedreht worden. Der Besitzer "hat uns zwar geholt, mit seinem Verhalten gegenüber den Mietern aber dann einen Grund gegeben, länger zu bleiben", so ein Aktivist. Der Gebietsbetreuer habe sich für die Mieter eingesetzt. Dieser habe jedoch letztlich auch nicht verhindern können, dass fast alle ausgezogen sind.
Demo am Sonntag
Am kommenden Sonntag ist von den Aktivisten eine "Demo gegen Miete und Delogierungen, für die Nutzung leerer Räume und ein selbstbestimmtes Leben" geplant. Ort und Zeit werden noch auf der Webseite pizza.noblogs.org bekannt gegeben, hieß es.
Immo-Fachverband gegen Geschäfte mit "Miethaien"
Eine brancheninterne Lösung für das Problem mit Wohnungsspekulanten in Wien schwebt dem Immobilienfachverband RICS vor: Anlässlich der Causa "Pizzeria Anarchia" rief der Verband am Montag dazu auf, mit "Miethaien" keine Geschäfte mehr zu machen. Denn in Fällen wie diesen sei auch die Branche selbst gefordert, wie Peter Höflechner, Vorsitzender von RICS Österreich, in einer Aussendung erklärte.
"Mieter unter Druck zu setzen, zu schikanieren oder ihnen auf andere Art und Weise das Leben schwer zu machen, ist völlig unvertretbar", meinte Höflechner. Die Ansiedelung "voraussichtlich sozial unverträglicher" Bewohner - wie im Falle der Mühlfeldgasse 12 - sei jedenfalls inakzeptabel. Denn auch wenn Methoden wie diese nicht gesetzeswidrig seien, seien sie zumindest "zutiefst unethisch" und würden zum Ausschluss aus dem Verband RICS führen.
Mit bestimmten Unternehmen mache man einfach keine Geschäfte, so Höflechner: "Wir werden aus gegebenem Anlass unsere Mitglieder auffordern, ihre aktuellen Geschäftsbeziehungen unter diesem Aspekt zu prüfen, und erwarten, dass das auch Signalwirkung für die gesamte Branche hat."
RICS (The Royal Institution of Chartered Surveyors) ist laut eigenen Angaben der größte Immobilienfachverband der Welt. Er wurde 1868 in London gegründet und hat weltweit mehr als 100.000 Mitglieder, 200 davon in Österreich - darunter etwa Makler, Verwalter, Bewerter, Asset Manager, Rechtsanwälte und Steuerberater.