Pfefferspray-Attacke in U-Bahn
Die U-Bahnlinie U4 stand Mittwochfrüh rund eine halbe Stunde lang still. Ein Fahrgast hatte die Notbremse gezogen, als der Zug gerade zwischen den Stationen in der Kettenbrückengasse und der Pilgramgasse war.
Da es sich um eine der neuen Garnituren handelte, ging der 33-jährige U-Bahn-Fahrer durch den Zug nach hinten nachschauen. Dort bemerkte er eine lautstarke Auseinandersetzung zwischen zwei Fahrgästen. Als der Mitarbeiter der Wiener Linien bei den Streithähnen ankam, zückte einer von ihnen plötzlich einen Pfefferspray. Damit besprühte er den 33-Jährigen sowie seinen Kontrahenten. Beide mussten von der Wiener Rettung notversorgt werden, dürften aber keine ernsthaften Verletzungen erlitten haben. Der Zug wurde eingezogen und muss nun gereinigt werden – von den Resten des Pfeffersprays.
Der Angreifer, der allen Beteiligten unbekannt ist, konnte flüchten. Die Beschreibung des Aggressors ist eher dürftig. Er wurde als "eher blond und eher größer" beschrieben, heißt es bei der Polizei achselzuckend. Derzeit werden aber die Videobilder ausgewertet, und der Staatsanwalt wird dann in einigen Wochen entscheiden, ob die Bilder veröffentlicht werden dürfen.
Seit diesem Vorfall erhitzt sich die Diskussion, ob die Fahrgäste richtig gehandelt haben. Die Wiener Linien und die Polizei geben dazu Tipps, was bei Zwischenfällen in der U-Bahn zu tun ist:
Beobachten, merken, melden: "Sind Schlagringe, Messer oder Gaspistolen im Spiel, sollten Betroffene immer die Polizei rufen", sagt Thomas Keiblinger von der Polizeidirektion Wien. "Bei Waffen sollte man sich nie direkt einmischen. Die eigene körperliche Sicherheit ist das wichtigste." Für die Polizei gilt: Je besser die Beschreibung des Täters und der Fluchtrichtung, desto eher gibt es einen Fahndungserfolg. Beschreibungen wie "eher blond und eher älter" sind nicht ideal. "Beobachten, merken und dann melden ist das richtige Motto", sagt Keiblinger. "Je exakter, desto besser."
Zivilcourage: "Zivilcourage ist wichtig", meint Daniel Amann von den Wiener Linien. "Im Zweifelsfall ist es ein Notfall." Das heißt: Lieber ein Mal zu viel den Notstopp betätigen als ein Mal zu wenig. "Wichtig ist, dass man sich beim Fahrer bemerkbar macht", sagt Amann. Dafür gebe es die Notsprechverbindung oder eben die Notbremse. Der Betroffene, der den Notstopp ausgelöst hat, habe jedenfalls richtig gehandelt.
Zu verhindern sind solche Vorfälle übrigens nicht, heißt es beim Betriebsrat der Wiener Linien: "So etwas wie in diesem Fall kann keine Sicherheitsvorkehrung verhindern."
Die Wiener ÖVP wünscht sich einmal mehr eine Verlängerung der Wiener U-Bahnlinie U4 bis Auhof. Am Mittwoch präsentierten die Stadt-Schwarzen eine Studie, um ihrer alten Forderung nun durch möglichst konkrete Zahlen neues Leben einzuhauchen. Demnach wäre die 3,6 Kilometer lange Trasse samt zweier Stationsgebäude um rund 65 Mio. Euro netto und binnen zwei Jahren Bauzeit machbar, wurde versichert.
"Wir brauchen diese U4-Verlängerung", bekräftigte Hietzings ÖVP-Bezirksvorsteherin Silke Kobald bei einer Pressekonferenz. Denn schon jetzt kämen 40.000 Autofahrer täglich über den Westen in die Stadt. Dieser Teil Wiens wachse zudem um geschätzte zehn Prozent bis 2030 und gar um 20 Prozent bis 2050, was auch eine dichtere Verbauung nach sich ziehen werde. Die Verlängerung der grünen Linie jetzt zu realisieren, sei also insofern vernünftig, weil die Grundstückspreise noch vergleichsweise günstig seien.
Geht es nach der ÖVP, würde die U4 von der jetzigen Endstation Hütteldorf über eine Haltestelle Wolf in der Au bis nach Auhof führen. Laut Johannes Wiesinger von der Ingenieursgemeinschaft Prem, die die Untersuchung im Auftrag der Volkspartei durchführte, könnte man mit 1,5 Kilometer knapp die Hälfte der neuen Strecke über stillgelegte ÖBB-Gleise führen. Danach empfiehlt der Ziviltechniker eine Trassenführung in Hochlage. Lägen alle Bewilligungen vor, müssten zwei Jahre Bauzeit reichen, sagte er. Mit beiden Stationen hätten 9.000 Anrainer die U-Bahn in Gehweite, rechnete Kobald vor. Das Auhof-Center wäre ebenfalls angebunden.
Die Nettokosten von 65 Mio. Euro - Betriebskosten, Steuerungs-oder Signaltechnik sind darin nicht enthalten - würden gerade einmal "zwei Mahü-Budgets" ausmachen, freute sich Landesparteichef Manfred Juraczka. Zur Erinnerung: Die Neugestaltung der Mariahilfer Straße ist mit 25 Mio. Euro veranschlagt, darin sind Mittel für die zuvor durchgeführte Anrainerbefragung allerdings nicht berücksichtigt.
Wiener Linien gegen Vorschlag
Seitens der Wiener Linien erteilte man den schwarzen Begehrlichkeiten eine Absage. Die Verlängerung bis Auhof "war nie und ist nicht geplant", so ein Sprecher. In diesem Gebiet finde kaum Stadtentwicklung statt, sodass sich eine U-Bahn dort nicht rechnen würde. Die von der ÖVP genannten Kosten wollte man nicht konkret kommentieren. Nur so viel: Die vier Kilometer lange Erweiterung der U2 nach Aspern habe allein 360 Mio. Euro gekostet. Daran sehe man, dass es mit den 65 Mio. Euro für 3,6 Kilometer womöglich etwas schwierig werden könnte.
Bei der Stadtregierung stößt dieser Vorschlag ebenfalls auf wenig Gegenliebe. Als "völlig verfehlte Prioritätensetzung" bezeichnete Rüdiger Maresch, Verkehrssprecher der Wiener Grünen, den Ausbau. Von der SPÖ gab es ebenfalls ein Nein. Ebenfalls "keinen Mehrwert" sieht der Verkehrssprecher der Wiener SPÖ, Siegi Lindenmayr, in einer Parallelführung von U-Bahn und S-Bahn. Der Ausbau sei eine "alte Geschichte", die man sich bereits mehrmals mit "ernüchterndem Ergebnis" angesehen hätte.
Einzig die Wiener FPÖ konnte sich für die Forderung der Stadt-Schwarzen begeistern. Der U4-Ausbau wäre "wichtig und richtig", beschied Verkehrssprecher Toni Mahdalik in einer Aussendung. Eine Verlängerung entspräche nicht nur dem "dringenden Wunsch der Bevölkerung im Westen Wiens", sondern würde auch das Umsteigen von Pkw auf U-Bahn erleichtern und die "Stauzone Westeinfahrt" entlasten.