Nach Mord: Zu selten U-Haft für Hochrisikotäter
Von Nihad Amara
Lucia K. hat die Gefahr, die von ihrem ehemaligen Partner ausging, unterschätzt. Wie berichtet, erschoss der 39-Jährige am Sonntag kurz vor 19 Uhr auf der Laxenburger Straße die 38-jährige Frau und dann sich selbst. Laut Aussagen des 19-jährigen Sohnes der Frau handelte es sich um einen Sorgerechtsstreit um die beiden gemeinsamen Töchter (vier und fünf Jahre alt). Der Mann dürfte seiner Ex nicht aufgelauert haben, wie es anfangs vermutet wurde. Das getrennt lebende Paar sei "gemeinsam unterwegs" gewesen, heißt es bei der Polizei.
Der Täter ist dort kein Unbekannter. Gegen ihn war im August des Vorjahres ein Betretungsverbot der gemeinsamen Wohnung verhängt worden, gegen das der 38-Jährige auch verstoßen hat. (Vor Gericht fasste er wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung vier Monate Gefängnis aus.)
Hochrisikotäter
Der 39-Jährige war ein Hochrisikotäter. Genau mit solchen verfahre die Justiz oft nicht mit der gebotenen Sorgfalt, kritisiert Birgit Thaler-Haag, Obfrau des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, im KURIER-Gespräch. Es gebe einige Fälle, in denen prügelnde Männer als gefährlich eingeschätzt wurden, aber dennoch nicht in U-Haft landeten. "Wir leiten das immer weiter. Die Staatsanwaltschaften sind aber sehr zurückhaltend mit einem Antrag auf Untersuchungshaft."
Ein Vorwurf, den auch die Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie in Wien mehrfach vorgebracht hat.
Die Instrumentarien, Hochrisikotäter auszusieben, gibt es laut Thaler-Haag. Gefährlichkeitseinschätzungen seien bereits sehr präzise. Die Expertin fordert, dass ein Verstoß gegen ein Betretungsverbot zu einem Straftatbestand wird. Und sie spricht sich für mehr Täterarbeit in Form von Anti-Gewalttrainings aus.