Chronik/Wien

Mordkomplott: "Stille Post"-Spiel mit Killer

Der am Mittwoch im Wiener Landesgericht durchgeführte Prozess um ein Mordkomplott hätte eine gute Filmkulisse für einen Agentenkrimi abgegeben: In einem Verhandlungssaal saß – eingerahmt von zwei Justizwachebeamten – der mutmaßliche Mittelsmann, der den Killer engagiert haben soll. Dieser, der Georgier mit dem Decknamen "Gennady", trat mit Haube und Sonnenbrille getarnt in einem anderen Saal als Zeuge auf, seine Aussage wurde per Video übertragen.

Schuss ins Knie

Laut Staatsanwalt sollten einem Wiener Geschäftsmann und dessen ukrainischen Partner ein Schuss in den Kopf bzw. ins Knie verpasst werden. Zwischen den beiden gab es Streit ums Geld. Der Wiener drohte, den anderen mit Steuerbetrügereien auffliegen zu lassen. Dieser wiederum schmiedete den Plan, den Wiener als potenziellen Verräter ermorden zu lassen. Um von sich selbst abzulenken, sollte der Killer auch ihn ins Knie schießen. Später schwächte er den Plan ab, so dass nur sein Auto in die Luft gesprengt werden sollte.

Der Ukrainer schaltete einen Bekannten als Verbindungsmann ein, der wiederum den Angeklagten zu Rate zog: Vitaliy Izotov ist ein ehemaliger Polizist und Geheimdienstler im ostukrainischen Donezk. Der 38-Jährige soll den Kontakt zum Killer "Gennady" geknüpft, diesem Lichtbilder mit darauf notierten Namen und Adressen der Opfer übergeben und ihm 50.000 Euro Honorar in Aussicht gestellt haben. Der Auftrag wurde nie ausgeführt.

"Hat jemand irgendwas kapiert?", fasste Verteidiger Ernst Schillhammer den verzwickten Anklagetext zusammen. Tatsächlich wurde der angebliche Auftraggeber (der mit dem Knieschuss) des zehn Jahre zurückliegenden Mordkomplotts 2009 freigesprochen. Sein Verbindungsmann wurde von einem anderen Gericht wegen Beteiligung zu 18 Monaten Haft verurteilt, vorzeitig auf Bewährung entlassen und nie wieder gesehen.

Und der Killer "Gennady", ein ehemaliger Scharfschütze in Afghanistan? Der erkannte den Angeklagten (den Ex-Polizisten) am Mittwoch nicht wieder. Obwohl er bei früheren Aussagen Treffen mit Izotov geschildert hatte, änderte er jetzt dessen Haarfarbe von "hell" über "dunkelblond" bis zu "Kastanie". Der dunkelhaarige Angeklagte sagt, er habe seine Haare noch nie gefärbt. Er will als "gutmütiger Mensch" lediglich Leute zusammengebracht, mit ihnen "stille Post" gespielt und bei der Eintreibung von Schulden behilflich gewesen sein.

Reihenfolge

Der Zeuge schilderte noch, man habe ihm gesagt, zwei Personen müssten bestraft werden. Auf der Rückseite der Fotos seien die Ziffern 1 und 2 gestanden, um die Reihenfolge der Bluttaten einzuhalten. Dem mit der Ziffer 1 sei ins Kinn zu schießen. "Gennady", der schon mehrere Personen ans Messer geliefert haben soll, führte den Auftrag allerdings nicht aus, sondern ging zur Polizei.

Und das Opfer? Bekam seinerzeit Polizeischutz, wurde im Burgenland versteckt und hat noch heute Schlafstörungen.

Vier Monate bedingt

Das Urteil: Der Ex-Polizist ist nicht im Sinne der Anklage schuldig gesprochen worden, er wurde zu vier Monaten bedingter Haft wegen versuchter Anstiftung zur Körperverletzung verurteilt und noch am Mittwoch enthaftet. Er saß seit einem Jahr in U-Haft.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Juan Pablo Gomez Reyes gab keine Erklärung ab, der 38 Jahre alte Angeklagte erbat sich drei Tage Bedenkzeit.