Mobbingvorwürfe gegen Lehrerin: "Musste mich oft übergeben"
Eine ehemalige Schülerin jener Mathematiklehrerin, der Mobbing an einem Wiener Gymnasium vorgeworfen wird, hat bis heute mit dem Erlebten zu kämpfen. Die junge Frau befindet sich immer noch in psychotherapeutischer Behandlung, wie sie im Gespräch mit der APA erzählte. Zwei Jahre ging sie auf die Schule, ehe sie wegen der mutmaßlichen Erniedrigungen durch die Lehrerin die Einrichtung verließ.
"Wir durften nicht auf die Toilette und mussten in der Ecke stehen", berichtete die junge Frau von der Stimmung im Klassenzimmer. "Ich musste mich oft übergeben in der Schule. Deshalb bin ich rausgegangen. Ich wusste nicht, was ich sonst machen sollte", sagte die ehemalige Schülerin. Vor zehn Jahren kam das Mädchen im Teenageralter mit ihren Eltern von Ungarn nach Wien und konnte naturgemäß noch nicht so gut Deutsch. Bei ihren Mathematikschularbeiten wurden jedoch auch die Grammatikfehler gerechnet und es hagelte Punkteabzüge, sagte sie.
Psychischer Terror
"Die Lehrerin hat gesagt, ich soll die Schule abbrechen, weil ich nicht gescheit genug bin. Ich soll lieber gleich eine Lehre bei einem Supermarkt machen", sagte die Frau, die mittlerweile erfolgreich studiert. Es sei keine körperliche Bedrohung gewesen, aber psychischer Terror im Teenageralter. "In einer Zeit, wo man sich selbst findet." Wenn sie morgens vor der Schule stand, habe sie zu weinen begonnen und Panikattacken bekommen.
In der Bildungsdirektion hat es bereits 2013 erste Vorwürfe gegen die Lehrerin gegeben. Auch die junge Frau wandte sich in ihrer Schulzeit an die Behörden. Gespräche mit der Pädagogin im Beisein der Mutter sowie mit der Direktorin hätten nichts genutzt. Deshalb habe man Hilfe beim Wiener Stadtschulrat (heute Wiener Bildungsdirektion, Anm.) gesucht. "Es ist nichts passiert", sagte die Betroffene.
"Sonst habe ich die Schule gemocht. Ich hatte einen lieben Klassenvorstand, der mit geholfen hat, rasch Deutsch zu lernen", sagte die Frau. Vor einigen Jahren sei sie von einer Gruppe von Eltern angeschrieben worden, um gemeinsam gegen die Lehrerin vorzugehen. "Aber ich hatte die Kraft nicht dazu", sagte sie. "Jetzt habe ich die Kraft. Jemand muss es machen." Auch aus Schutz für die anderen Kindern, sagte die Studentin.
Bildungsdirektion sammelt Stellungnahmen
Zum laufenden Rechtsstreit wollte die Direktorin der betreffenden AHS auf Anfrage der APA nichts sagen. In einer schriftlichen Stellungnahme betonte sie allerdings ihre Sorge um ihre Schule, da diese Angelegenheit die Schulgemeinschaft stark polarisiere und für Verunsicherung sorge. "Ich hoffe auf eine Lösung, die uns das bringt, worauf die SchülerInnen ein Recht haben: eine gute Lernatmosphäre."
Mittlerweile hat sich auch das Bildungsministeriums in der Causa eingeschaltet. Man werde sich auf dem kurzen Dienstweg informieren lassen, welche Schritte in der Sache bisher gesetzt wurden und hinterfragen. Damit will man im Ressort bis Mitte nächster Woche ein Bild bekommen, ob in der Sache alle notwendigen Maßnahmen gesetzt wurden.
Die Wiener Bildungsdirektion (früher Stadtschulrat) sammelt nun bis Freitagnachmittag Stellungnahmen Betroffener. Eine Gruppe, in der auch Juristen vertreten sind, soll diese sichten und bei nicht anonym vorgebrachten Vorwürfen versuchen, sie zu verifizieren.
Lehrer, denen systematische Erniedrigung von Schülern vorgeworfen wird, sind in Wien "die absolute Minderzahl". Bei 26.000 Pädagogen gebe es "einige Dutzend Fälle pro Jahr", bei denen die Bildungsdirektion wegen gravierender Vorwürfe genau prüft, heißt es auf APA-Anfrage. "Weniger als eine Handvoll" Lehrer werden wegen schwerer Verfehlungen (darunter auch strafrechtliche Verurteilungen) entlassen.