Chronik/Wien

MERS-Viruserkrankung: Erster Fall in Österreich

Der Zustand jener Patientin, die wegen einer MERS-Erkrankung in die Isolierstation einer auf Infektionserkrankungen spezialisierten Wiener Krankenhausabteilung aufgenommen wurde, war Dienstagnachmittag unverändert kritisch. "Die Patientin spricht aber auf die Therapie an und befindet sich auf dem Weg in Richtung Stabilisierung", sagte eine Sprecherin des Wiener Krankenanstaltenverbundes.

Es handelt sich um den ersten Fall einer Erkrankung durch das seit 2012 vor allem im Nahen Osten aufgetauchten MERS-Virus ("Middle Eastern Respiratory Syndrome Coronavirus" (MERS-CoV) in Österreich.

In der Zwischenzeit sind jene Menschen, die mit der MERS-Patientin Kontakt hatten, über die Erkrankung der Frau informiert worden. Sollten in den kommenden zwei Wochen bei den Betroffenen Symptome wie etwa Fieber auftreten, muss sofort ein Arzt aufgesucht werden. Das gab die Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, Pamela Rendi-Wagner, nach einer Sitzung bekannt.

Expertentreffen

Im Gesundheitsministerium fand Dienstagvormittag ein Treffen von Experten statt, um die zu ergreifenden Maßnahmen rund um den MERS-Fall zu koordinieren und ein Informationsupdate des Falles zu haben. Die Frau war vor einigen Tagen mit dem Flugzeug aus Saudi-Arabien nach Wien gekommen, hatte aber nach Angaben Rendi-Wagners im Flugzeug noch keine Beschwerden. Dennoch müssten auch die mitreisenden Passagiere über den Krankheitsfall informiert werden.

Deshalb nahmen an der Sitzung nicht nur Vertreter des Gesundheitsministeriums und Spezialisten vom Department für Virologie der MedUni Wien, der Wiener und niederösterreichischen Landessanitätsdirektion und des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) daran teil, sondern auch Vertreter des Verkehrs- und Außenministeriums. Die erkrankte Frau, die mittleren Alters sein soll, war laut KAV am Sonntag wegen der MERS-Erkrankung in die Isolierstation der auf Infektionserkrankungen spezialisierten Wiener Krankenhausabteilung im Kaiser Franz Josef-Spital aufgenommen worden.

Äußerst geringe Ansteckungsgefahr

Die Frau wurde gezielt auf die Erkrankung getestet, so Rendi-Wagner, da bei ihr nicht nur die Krankheitssymptome auftraten, sondern auch die Reiseanamnese bestand. Für die allgemeine Bevölkerung, die mit der Patientin keinen Kontakt hatte, sei die Gefahr einer Ansteckung äußerst gering, meinte Rendi-Wagner. "Nur der symptomatische Patient ist ansteckend", sagte die Expertin. Zudem wurden die europäische sowie die internationale Meldestelle von Infektionskrankheiten - "Early warning and response system" (EWRS) und "International Health Regulations "(IHR) - informiert.

Bisher traten die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis zum Frühjahr dieses Jahres rund 800 registrierten MERS-Erkrankungen, die vor allem durch schwerste Lungenentzündungen und Komplikationen charakterisiert sind, vor allem in Saudi-Arabien, Jordanien, Katar und in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf. Die Krankheit wurde aber auch in andere Staaten (Frankreich, Deutschland, Italien, Tunesien, Großbritannien) "exportiert".

1. Virus-Art: Das Coronavirus MERS (Middle East Respiratory Syndrom) wurde erstmals im März 2012 bei Patienten mit einer schweren Atemwegsinfektion identifiziert. Aktuell befindet sich eine betroffene Frau aus Saudi-Arabien in einer auf Infektionserkrankungen spezialisierten Krankenhausabteilung in Wien in Behandlung. MERS hat Ähnlichkeit mit dem SARS-Virus.

2. Übertragung: MERS wird nach Erkenntnissen saudi-arabischer Wissenschafter direkt von Kamelen auf den Menschen übertragen. In der Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine" beschreiben die Forscher wie sie dies anhand eines Fallbeispiels nachweisen konnten: Ein Mann starb im November vergangenen Jahres an dem Virus und zwar kurz nachdem er seine mit MERS infizierten Kamele behandelt hatte. Die Wissenschafter fanden heraus, dass die Genome des Krankheitserregers des Mannes und des Virus, das zum Tod des Tieres führte, identisch waren. Bei einer Überprüfung von Dromedarbeständen im arabischen Raum und zum Teil auch angrenzenden afrikanischen Ländern wurde ebenfalls ein großer Anteil positiv auf MERS-CoV getestet. Bei engem Kontakt mit erkrankten Personen kann es auch zu einer Mensch-zu-Mensch Übertragung kommen.

3. Symptome und Krankheitsverlauf: Die Erkrankung beginnt meist 2-13 Tage nach der Ansteckung (Inkubationszeit) mit Fieber, Husten und Kurzatmigkeit. Bei einigen Erkrankungsfällen trat zusätzlich Durchfall und Erbrechen auf. Es kommen milde Verlaufsformen (Symptome wie bei einer Erkältung) und Infektionen ohne jegliche Symptome vor.

4. Folgen: MERS kann unter anderem zu schweren Atemwegsleiden, zu Lungenentzündung und Nierenversagen führen. Mehr als 40 Prozent der Patienten sterben, es gibt keinen vorbeugenden Impfstoff.

5. Risiko-Patienten: Untersuchungen zeigten, dass für Menschen mit Grunderkrankungen, wie z.B. Diabetes, beeinträchtigter Immunabwehr, chronischen Herz-, Lungen- oder Nierenerkrankungen ein höheres Infektionsrisiko besteht.

6. Fälle: Bisher sind bei dem Ausbruch des Virus weltweit etwa 800 Menschen erkrankt. In der EU sind bisher zwölf „importierte“ Fälle aufgetreten. Alle bisher an MERS-CoV erkrankten Personen haben sich im Nahen Osten auf der Arabischen Halbinsel angesteckt, oder hatten Kontakt mit Personen, die dort erkrankten. In Saudi-Arabien starben laut Angaben des Gesundheitsministeriums bisher 282 Menschen an MERS.

7. Gefahr in Österreich: Laut einers Aussendung des Gesundheitsministeriums besteht in Österreich derzeit kein erhöhtes Risiko für eine MERS-CoV Erkrankung in der Allgemeinbevölkerung. Ein Import aus einem betroffenen Gebiet kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Das MERS-Virus ("Middle Eastern Respiratory Syndrome Coronavirus") geistert buchstäblich seit 2012 durch den Nahen Osten und mit "importierten" Fällen durch die westlichen Industriestaaten. Es hat auch für große Aufregung bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesorgt. Das Virus ist verwandt mit dem Corona-Virus SARS und ruft vor allem schwere Lungeninfektionen hervor.

Das SARS-Virus hatte 2002 zu einem Ausbruch von Erkrankungen in Asien und - "importiert" - in Kanada geführt. Die ersten Fälle dieser Virusinfektion (Coronavirus) gab es Mitte November 2011 in Goangdong in China. Insgesamt gab es damals 8.437 Erkrankungsfälle. Singapur und Kanada waren mit 438 Erkrankungen und 44 Todesfällen die außerhalb Chinas am stärksten betroffenen Länder.

Bisher traten die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) registrierten MERS-Erkrankungen, die vor allem durch schwerste Lungenentzündungen und Komplikationen charakterisiert sind, vor allem in Saudi-Arabien, Jordanien, Katar und in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf. Die Krankheit wurde aber auch in andere Staaten (Frankreich, Deutschland, Italien, Tunesien, Großbritannien) "exportiert".

Obwohl der Großteil der Fälle vermutlich eine tierische Infektionsquelle hat, wurden auch limitierte Mensch-zu-Mensch Übertragungen in Saudi-Arabien, Jordanien, Katar und Großbritannien beobachtet. Eine Reihe von Studien ließen es immer wahrscheinlicher erscheinen, dass Dromedare als großes tierisches Reservoir für dieses Virus dienten. Es sei möglicherweise auch in Afrika weitverbreitet, schrieben die Spezialisten vom Department für Virologie der MedUni Wien zu dem Thema.