Chronik/Wien

Mafia-Überfall auf Ex-Chefinspektor

Die wirkliche Strafe kam erst nach dem Urteil. Im Februar dieses Jahres wurde der ehemalige Wiener Chefinspektor P. wegen Amtsmissbrauchs, Nötigung und versuchter Bestimmung zur falschen Zeugenaussage zu moderaten eineinhalb Jahren bedingt verurteilt. Drei Monate später nahm ihn ein Rollkommando der slowakischen Unterwelt derart in die Mangel, dass sein Augenhöhlenboden und sein Nasenbein in Brüche gingen.

Der frühere Top-Polizist hatte sich auf kriminelle Machenschaften mit der Rotlicht-Szene eingelassen. Er hatte einen Mörder gedeckt, Spuren verwischt, eine Zeugin präpariert und dafür mit seinem Amtsverlust gezahlt. Ins Gefängnis musste der 53-Jährige nicht. Nach seinem aufsehenerregenden Prozess ließ sich P. allerdings erneut mit zwielichtigen Kreisen ein - und so wurde er schließlich selbst zum Opfer.

Abreibung

Die gebürtige Russin Olga K. (von Rudolf Mayer und Philipp Winkler verteidigt) ergaunerte laut Anklage von mehreren Leuten rund 700.000 Euro mit dem Schmäh, Schmuckgeschäfte mit 20 Prozent Gewinn abzuwickeln. Auch Ex-Kriminalist P. ging der 51-Jährigen auf den Leim und steckte 20.000 Euro in das windige Projekt. Als es ihm langsam dämmerte, dass daraus nichts wird, verlangte er das Geld zurück. Angeblich mit horrenden Zinsen. Die Reaktion war eine - laut Staatsanwalt - "drastische Abreibung".

Olga K. heuerte über einen mitangeklagten Slowaken vier Männer an, die - mit einem Sturmgewehr Kalaschnikow, Masken sowie scharfkantigen, gepanzerten Handschuhen ausgestattet - im Haus der Russin in Wien-Donaustadt Stellung bezogen. Am 5. Mai wurde P. dorthin gelockt und mit Fußtritten empfangen.
Was sich dann abspielte, könnte einem Krimi über Mafia-Methoden entnommen sein: P. suchte unter einem Tisch Deckung, den die Angreifer über ihm zusammenschlugen. Er wurde ins Schlafzimmer gezerrt, mit Klebeband ans Bett gefesselt. Einer der Männer versuchte, ihm ein Handtuch als Knebel in den Mund zu stopfen. P. gelang es, sich kurz loszureißen, man holte in ein, hielt ihm das Gewehr an die Schläfe. In Todesangst sprang P. mit dem Kopf voran durch eine zweifach verglaste Terrassentür, hechtete dann über das Gartentor, schlug auf dem Gehsteig auf.

Die Schläger waren ihm gefolgt, zerrten P. an den Beinen zurück in den Garten und ins Haus, dort musste er niederknien, bekam wieder Prügel. Aber inzwischen hatten Nachbarn die Polizei alarmiert, die mit Folgetonhorn eintraf und damit die vier Männer in die Flucht schlug.

Ex-Polizist P. landete im Spital. Olga K. und ihrem Mitangeklagten (Verteidigung Ronald Rast) wird am 14. November wegen Betruges, schwerer Körperverletzung, Nötigung und Freiheitsentziehung der Prozess gemacht.