Kulturelle Aneignung: FPÖ-Chef provoziert mit „Kolonial Pizza“
Rund um die parteiinternen Querelen mit seinem Bundesobmann Herbert Kickl war der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp zuletzt ausnehmend wortkarg. Zum Thema der „kulturellen Aneignung“ meldet sich Nepp nun umso humoriger auf Social Media zurück: „Ich hau mir jetzt eine politisch inkorrekte ,Kolonial Pizza’ rein“, postete Nepp.
Zu sehen ist Nepp auf den beigefügten Bildern mit einer Pizza Hawaii – also mit Schinken und Ananas –, die er in seinem Urlaub im italienischen Jesolo isst. „Wenn die Welt noch in Ordnung ist“, schreibt er, „ist die Debatte um den Geschmack von Ananas auf einer Pizza größer als um imperialistische Kolonialisierung“.
Nepp bezieht sich damit auf die zuletzt aufgeflammte gesellschaftliche Debatte darüber, wer Elemente einer Minderheitskultur (in diesem Fall: die Ananas) wie übernehmen darf.
Das Posting sorgte für zahlreiche erfreute Reaktionen seiner Follower – darunter der Nicht-FPÖ-Präsidentschaftskandidat Gerald Grosz sowie Döblings ÖVP-Bezirkschef Daniel Resch, der sein Like wenig später aber wieder gelöscht haben dürfte.
Bücher zu gewinnen
Nepps FPÖ-Kollegen aus der Steiermark meldeten sich unterdessen mit einer Aussendung zur Debatte um Winnetou-Kinderbücher zurück, die der deutsche Ravensburger-Verlag unlängst nach Kritik aus dem Programm nahm. Seither sieht sich Ravensburger wiederum von anderer Seite mit dem Vorwurf der Cancel Culture konfrontiert.
FPÖ-Kultursprecher Marco Triller fürchtet um die „Schöpfungen Karl Mays“ und verlost daher via Facebook vier Bücher – Winnetou I bis III und „Der Schatz im Silbersee“. Für den Gewinner gibt es zusätzlich eine Indianerverkleidung. Immerhin wolle man sich auch den Fasching nicht durch „pseudomoralistische Vorwürfe“ von „Berufsempörten“ verderben lassen.
Petition in Deutschland
Etwas ernsthafter setzen sich derzeit die deutsche Karl-May-Gesellschaft und die Karl-May-Stiftung mit dem emotional diskutierten Thema auseinander. Sie publizierten einen offenen Brief unter dem Titel „Ist Winnetou erledigt?“ und starteten eine Petition. Das Karl-May-Museum in Radebeul sprach von einer „Winnetou-Cancellation“. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur.
Die Verfasser des offenen Briefes gingen auf das Argument ein, dass May „angeblich ein überholtes rassistisches Weltbild vertrete und den Genozid an der indigenen Bevölkerung Amerikas romantisiere oder verschweige“.
Als deutscher Schriftsteller des 19. Jahrhunderts sei May „unvermeidlich vom Habitus eines kolonialen Zeitalters geprägt“, heißt es in dem Brief. Insbesondere in seinen frühen Texten seien damals gängige ethnische Stereotypen und eine eurozentrische Perspektive enthalten. „Diese kritisch herauszuarbeiten und auf ihre Quellen zurückzuführen, ist Aufgabe der Literatur- und Kulturwissenschaft.“
Die zeitbedingte Weltsicht habe May mit praktisch allen Autorinnen und Autoren der Vergangenheit geteilt, lautet ein weiteres Argument der Verfasser. „Die Besonderheit Karl Mays besteht darin, dass in seiner Darstellung des 'Wilden Westens' von Anfang an die Sympathie des Erzählers der leidenden indigenen Bevölkerung gilt.“ Ihre Würde und ihre menschlichen Qualitäten würden sich in Idealfiguren wie Winnetou verkörpern.