Chronik/Wien

Keine Gratis-Nachhilfe bei Nachzipf

Büffeln statt baden gehen. Für 13.000 Wiener Schüler sind die Sommerferien keineswegs die unbeschwerteste Zeit des Jahres. Während ihre Freunde ans Meer oder in die Berge fahren, sitzen sie daheim vor den Schulsachen und lernen für die Nachprüfung im Herbst.

Für viele Eltern kommt zur Sorge über den schulischen Erfolg ihres Kindes auch noch eine finanzielle Belastung dazu. Neun Prozent der Eltern in Österreich haben vergangenen Sommer für eine externe Nachhilfe gezahlt. Im Schnitt gab eine Familie in der Bundeshauptstadt dafür 595 Euro aus. Trotz der Gratis-Nachhilfe, in Wien "Förderung 2.0" genannt, steht den betroffenen Familien das heuer wieder bevor.

Im Herbst 2014 startete das neue Förderprogramm der Stadt Wien, das Schüler zwischen sechs und 14 Jahren beim Lernen unterstützt. Doch während der Sommermonate setzt das Angebot aus.

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Beate Meinl-Reisinger, Wiener Neos-Spitzenkandidatin, kann diese Logik nicht nachvollziehen: "Die sogenannte Gratis-Nachhilfe ist und bleibt ein teurer Marketing-Gag. Wenn ein Projekt, das jährlich 20 Millionen Euro verschlingt, langfristig keine spürbaren Entlastungen für die Eltern mit sich bringen wird, kann man nur von einem Scheitern der ‚Förderung 2.0‘ sprechen."

Auch Elisabeth Rosenberger, Wiener Elternvertreter-Vorsitzende, würde ein Nachhilfeangebot der Stadt im Sommer befürworten: "Ideal wäre ein niederschwelliges Angebot, das die Schüler bei Bedarf einfach aufsuchen können."

"Keine Paukerkurse"

Im Büro des zuständigen Stadtrats, Christian Oxonitsch, kann man die Kritik nicht nachvollziehen: "Das Projekt ,Förderung 2.0‘ war von Beginn an als laufende Unterstützung während des Schuljahres konzipiert."

Auch in der Volkshochschule, in der die Kurse für die 10- bis 14-Jährigen stattfinden, sind keine Änderungen des Sommerangebots geplant. Der Fokus liegt auf kontinuierlichem Lernen, sagt eine Sprecherin. Es geht um das Vermitteln von Fertigkeiten wie Lernstrategien während des Schuljahres. Paukerkurse gibt es keine und soll es auch künftig nicht geben.

Elternvertreterin Elisabeth Rosenberger appelliert zudem an die Verantwortlichen, das Modell zu evaluieren: "Nur wenn man weiß, was funktioniert und was gebraucht wird, kann man das Beste aus dem Projekt herausholen."