Chronik/Wien

"Hilfe" von Western Union kommt nicht an

Wien Hauptbahnhof, 9 Uhr: In der Filiale von Western Union hat sich eine Warteschlange gebildet. Ganz vorne stehen zwei junge Frauen neben zwei Syrern. Mit Händen und Füßen versuchen sie sich untereinander und mit dem Bankangestellten zu verständigen. Der stellt immer wieder dieselbe Frage: "Adresse? Ich brauche eine gültige Adresse!" Dieses Szenario wird sich auch mit den anderen Wartenden abspielen, die alle dringend Geld brauchen. Grund sind die geänderten Bestimmungen von Western Union.

Für in Österreich registrierte Asylsuchende akzeptiert die Bank von der Republik Österreich ausgestellte Ausweise nur in Verbindung mit einem Wohnsitznachweis. Flüchtlinge auf der Durchreise können den Service auch bei Vorlage eines gültigen Reisedokuments und Angabe eines Wohnsitzes in Anspruch nehmen – so lautet die offizielle Erklärung der Kommunikationsagentur von Western Union. Was für ein Wohnsitz, ist egal: "Die Adresse können sie im Prinzip auch erfinden", heißt es von dem Finanzdienstleister.

In der Realität stellt sich die Situation aber anders dar. "Ich möchte nach Amsterdam und konnte kein Geld für die Weiterreise abheben", erklärt einer der beiden Syrer . Walid al Harari kam auf einem der überfüllten Boote nach Europa. Dank eines Tricks steht der Reise in die Niederlande jetzt nichts mehr im Weg: "Ich habe mich für eine Nacht in einem Hotel eingebucht und diese Adresse als Wohnsitz angegeben", sagt der Syrer.

Barrieren umgehen

Als der Bankangestellte bemerkt, dass Fotos gemacht werden, wird der KURIER vor die Tür gesetzt. Auf Anfrage gibt es von Western Union eine Antwort, die die aktuelle Situation völlig gegenteilig darstellt. Peter Bucher, CEO der Bank: "Es ist kein Nachweis eines Wohnsitzes erforderlich." Auf dem Hauptbahnhof und in der PR-Agentur weiß man davon nichts. Doch die Flüchtlingskrise beweist eines: Für jede Mauer, die gebaut wird, finden Freiwillige und Flüchtlinge mindestens einen Weg, der darum herumführt. Neben der Ausweichmöglichkeit mit dem Hotel können auch Österreicher mittels Code Geldbeträge von den Konten der Flüchtlinge abheben."Ich hoffe, das Finanzamt wundert sich nicht, warum ich in den letzten Wochen mehr als 50.000 Euro behoben habe", erzählt ein Helfer der verständlicherweise anonym bleiben will. Der Mann ist seit Wochen als Übersetzer auf dem Hauptbahnhof tätig. "Die Informationen für die Flüchtlinge sind spärlich. Die Menschen sind absolut auf unsere Hilfe angewiesen." Mittlerweile wird der Freiwillige nicht mehr in der Bankfiliale bedient: "Ich habe schon Hausverbot, warum genau, weiß ich selbst nicht."