Chronik/Wien

Heumarkt: Gericht befasste sich mit Frage der UVP-Pflicht

Die Causa Heumarkt hat am Montag auch Richter und Anwälte beschäftigt. Am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde nämlich darüber verhandelt, ob das Bauvorhaben mit dem umstrittenen Turm einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterzogen werden muss oder nicht. Die Frage wird am heutigen Montag aber nicht mehr geklärt. Der zuständige Richter am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erläuterte am Nachmittag nach einer kurzen Verhandlungspause, dass noch einige Punkte zu klären seien. Eventuell wird sogar ein Lokalaugenschein durchgeführt.

Michael Tojners Wertinvest als Projektbetreiber hatte von der Wiener Landesregierung als erstinstanzliche Behörde im Vorjahr beschieden bekommen, dass es für die Heumarkt-Umgestaltung keine UVP braucht. Die Gegner riefen daraufhin die nächste Instanz an - also das Bundesverwaltungsgericht. Es sei eine Einzelfallprüfung zur Frage durchzuführen, "ob zu erwarten ist, dass durch das Vorhaben unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet der Kategorie A des Anhanges 2 der Welterbestätte 'Historisches Zentrum von Wien' festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird", heißt es im Schreiben des Gerichts.

Gutachten von Wehdorn

Insofern stand am Vormittag das Gutachten des vom BVwG beauftragten Gutachters Manfred Wehdorn im Zentrum. Er hatte vor rund zwei Jahrzehnten die Bewerbung für den Welterbestatus Innere Stadt mitbetreut. Wehdorn präsentierte dem Gericht heute eine Stunde lang seine Analyse und kam zum Schluss, dass das Projekt "bei einer Realisierung in seiner jetzigen Form bezüglich der Masse und Bauhöhe eine wesentliche Störung der historischen Skyline" bedeuten würde. Und die Silhouette habe die UNESCO "expressis verbis" als grundlegend für den außergewöhnlichen Wert ("Outstanding Universal Value") der City genannt. Werde der Heumarkt samt 66 Meter hohem Turm gebaut, würden die Auswirkungen den Ernennungskriterien nicht mehr gerecht.

Wehdorn führte eine Reihe von Visualisierungen an - darunter auch den berühmten Canaletto-Blick vom Oberen Belvedere. Hier würde es einen "gewaltigen Eingriff" geben. Aber auch andere Sichtachsen würden verändert. Wobei der Gutachter auch einräumte, dass das Projekt an sich einen deutlichen Mehrwert für die Stadt aufweise und feststellte, dass in dem Bereich Hotel Intercontinental, Eislaufverein und Konzerthaus jedenfalls Handlungsbedarf bestehe.

Nicht vollständig und fehlerhaft

Die Vertreter der Wertinvest nahmen danach ausführlich Stellung zu Wehdorns Analysen und kritisierten das Gutachten als nicht vollständig und teils fehlerhaft. So seien gewisse Daten über Höhe und Volumina nicht korrekt dargestellt, Expertenzitate selektiv angeführt und die Frage der Sichtachsen nicht nachvollziehbar gewichtet.

So würde im täglich erlebbaren Stadtbild - etwa vom Stadtpark aus - das Ensemble kaum zu sehen sein. Außerdem seien diverse Gebäude nahe der Welterbe-Zone, die die UNESCO offenbar als mit dem Status vereinbar bewerte, weitaus voluminöser, dichter oder höher, nannte die Wertinvest-Vertretung etwa das - damals in der Welterbefrage ebenfalls umstrittene Projekt - Wien Mitte, den Ringturm, das Raiffeisen-Gebäude und den Design-Tower ("Sofitel Vienna") am Donaukanal als Beispiele. "Das Gutachten hat sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht keine durchschlagenden Argumente gebracht", hieß es seitens der Projektbetreiber.

Unklar war vorerst, ob der Richter noch heute sein Urteil darüber verkünden wird, ob das Projekt im Hinblick seiner Auswirkungen auf den Welterbestatus UVP-pflichtig ist oder nicht. Sollte eine derartige Prüfung notwendig sein, würde sich das Projekt wohl weiter verzögern und noch teurer werden. Wobei mit einem schnellen Baustart ohnehin nicht zu rechnen ist: Die Stadt hat am Sonntag angekündigt, das Heumarkt-Vorhaben für zwei Jahre auf Eis zu legen.