Chronik/Wien

Freispruch: Meischberger-Anklage war "zu dünn"

Die Verzweiflung der Staatsanwälte am letzten Verhandlungstag war zum Greifen. Und sie kam nicht von ungefähr. Dem Gericht war die Anklage "zu dünn", wie Vorsitzender Michael Tolstiuk nach Verkündung der Freisprüche im Zweifel erklärte.

Es ging um ein mutmaßliches Scheingeschäft, für das der ehemalige FPÖ-Politiker Walter Meischberger von der Immobilienfirma UBM 600.000 Euro bekommen hatte. Angeblich für den Tipp, dass ein Holiday-Inn-Hotel in München zum Verkauf und zur Verwertung steht.

In Wirklichkeit ging es aber um eine von der Staatsanwaltschaft vermutete Bestechung unter der Amtsführung des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser, dessen Trauzeuge Meischberger war. Die 600.000 Euro könnten Schmiergeld dafür gewesen sein, dass das Zollamt in ein Gebäude der UBM in der Brehmstraße in Wien-Simmering übersiedelte, für das die Republik beträchtliche Miete zahlen muss. Beweisen ließ sich das nicht, das Verfahren wurde eingestellt und der Hotel-Deal als Untreue angeklagt.

Während des gesamten Prozesses gegen Meischberger und zwei nun auch freigesprochene UBM-Manager geisterte das Stichwort "Brehmstraße" ständig durch den Gerichtssaal. Bis zum letzten Verhandlungstag, an dem die Staatsanwälte noch Details zur Einmietung der Finanz in der Brehmstraße erfragen wollten. Die Verteidiger Richard Soyer und Eduard Salzborn beschwerten sich über "Stimmungsmache" der Ankläger, mit der sie das längst eingestellte Faktum doch noch in den Raum stellen wollten. Meischberger lehnte weitere Antworten grantig ab.

Gerungen wurde auch noch um die Relevanz eines Gesprächs zwischen dem verstorbenen Chef des Immobilienkonzerns Porr (damals Muttergesellschaft der UBM), Horst Pöchhacker, und dem Grünen Peter Pilz: Pöchhacker sagte, Meischberger und Gernot Rumpold hätten in der schwarz-blauen Regierung eine große Rolle gespielt und es sei nicht immer alles objektiv abgelaufen. Der Beweiswert daraus erschloss sich nicht.

Das Telefonat

Somit blieb es bei dem heimlich abgehörten Telefonat zwischen Meischberger und dem Immobilienmakler Ernst Plech, in dem Meischberger fragte: "Weißt du noch, was hinter der Münchner Geschichte eigentlich war?" Plech antwortete: "Des von der Münchner Geschichte war der 11. Bezirk, die Aussiedlung von Teilen der Finanz". Meischberger: "Brehmstraße?". Plech: "Brehmstraße".

Es war ein Telefonat genau in der Art, wie sie Meischberger öfter geführt hatte. Seine Frage: "Wo woar mei Leistung?" ist inzwischen legendär.

Richter Tolstiuk beendete den Prozess am Mittwoch mit der Feststellung: "Das Puzzle erweckt ausreichend Zweifel", allerdings auch an der Anklage, wie er hinzufügte.

"Jetzt gemma auf a Bier"

Meischberger zeigte sich erleichtert, dass der Senat "nach jahrelanger Vorverurteilung besonnen entschieden" habe. Dann sprach er zu seinem Anwalt Salzborn: "Jetzt gemma auf a Bier."

Da lässt sich ein Walter Meischberger von einem Geschäftsfreund auf die Sprünge helfen, wofür er denn eigentlich 600.000 Euro kassiert habe: "Wo woar mei Leistung?" Und erfährt: Das war für den unter Karl-Heinz Grassers Amtsführung abgewickelten lukrativen Deal der Einmietung des Zollamtes auf Staatskosten. Ergo: Das stinkt gewaltig.

Freilich genügt allein der üble Geruch in einem ordentlichen Gerichtsverfahren noch lange nicht für einen Schuldspruch. Da müssen Beweise auf den Tisch. Um die auszugraben, mit anderen Indizien abzustützen und dazu noch belastende Zeugenaussagen zu bekommen, bedarf es der professionellsten Korruptionsjäger. Wenn man dann die Hilflosigkeit der Staatsanwälte im Meischberger-Prozess (wohl gemerkt: nach jahrelangen Ermittlungen!) beobachtet, weiß man: So wird das nichts.

Vor denen braucht sich Karl-Heinz Grasser nicht zu fürchten. Der Meischberger-Prozess galt als Probelauf für das BUWOG-Verfahren. Er ist spektakulär misslungen. Und die Justiz muss sich die Frage gefallen lassen: Wo ist ihre Leistung?