Chronik/Wien

Folteropfer Bakary J. wurde falsch behandelt

Wenn Sie nach zehn Jahren so schlecht deutsch sprechen, dann wird das mit dem Englischdolmetscher auch wenig bringen“. Der Prozess um den Schadenersatz für das Folteropfer Bakary J. im Wiener Justizpalast beginnt mit schroffen Worten von Richterin Julia Kömürcü-Spielbüchler. „Sie sind da jetzt in dieser jüdischen Einrichtung“, fragt sie den 42-Jährigen. „Das ist doch skandalös“, raunt es durch den Zuschauerraum, in dem auch der Sohn des Mannes sitzt.

Bakary J., der vor neun Jahren nach einer misslungenen Abschiebung in einer Wiener Lagerhalle von Polizisten gefoltert wurde, leidet noch heute an den Folgen. Unfallchirurg Georg Rappold stellte nun im Prozess fest, dass damals ein komplexer Bruch im Kopfbereich übersehen wurde. Das habe dem Mann zusätzliche Schmerzen gebracht. Und unter diesen leidet der 42-Jährige noch heute. Minutenlang schildert der gebürtige Gambier den Medikamentencocktail, den er täglich zu sich nehmen muss. „Ich habe jeden Tag Schmerzen, 24 Stunden lang Kopfweh“, berichtet er.

Streit um Gutachten

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Rappold zerlegte die bisherigen Gutachten, einige Ärzte hätten nicht einmal die gesamte Krankengeschichte zur Verfügung gehabt oder diese „nicht korrekt beurteilt“. Auch die Ex-Frau des Folteropfers beklagte, dass sogar ihre Aussagen in dem neuen Gutachten für den aktuellen Prozess falsch wiedergegeben wurden. In diesem ist zu lesen, dass J. eigentlich kaum Schmerzen habe. „Das ist ganz sicher, dass eine posttraumatische Belastungsstörung nicht vorliegt, weil für mich keine entsprechenden Kriterien vorhanden sind“, sagte der betreffende Gutachter, der Psychiater und Neurologe Norbert Loimer.

Das Anwaltsteam Susanne Kurtev und Nikolaus Rast hält die bisher von der Republik an Bakary J. ausbezahlten 110.000 Euro für zu wenig. Sie wollen weitere 384.000 Euro plus 1000 Euro monatliche Rente.

Bakary J. berichtete, dass er bis heute keinen Job finde, den er mit seinem Krankheitsbild verbinden kann. „Ich wollte Tischler werden, diesen Traum hat man mir zerstört“, sagt er. Er hab es als Portier bei Ute Bock versucht, das aber nicht geschafft. Er hatte Angstzustände, weil er nicht wusste, wer hereinkam. Auch seinen ursprünglichen Job als Fahrer kann er nicht mehr ausüben – langes Sitzen bereite ihm zusätzliche Schmerzen.

Das Urteil ergeht schriftlich. Die meisten Kiebitze sind sich einig: Für Bakary J. schaut es eher schlecht aus mit zusätzlicher Entschädigung.