"Warum sollte ich Wurst daraus machen?"
Frauen sind grundsätzlich netter zu Pferden", sagt Martina Michelfeit. Die Wienerin muss es wissen. Seit 25 Jahren kutschiert sie Touristen durch die Stadt – davon suchen sich viele gezielt eine Frau aus. Michelfeit lacht. "Das heißt aber nicht, dass alle Männer böse sind."
Im Gegenwind
Die Sprecherin der Wiener Fiaker ist Gegenwind gewohnt. Vergangene Woche ging im Prater ein Gespann durch und beschädigte sieben Autos, ein Pferd verletzte sich dabei (der KURIER hat berichtet). "Gerade nach solchen Vorfällen wird es immer ganz laut", sagt Michelfeit gelassen. "Dabei wird ja auch nicht nach jedem Autounfall gefordert, dass man Autos abschaffen muss."
"Es dauert Jahre, bis man ein gutes Gespann hat, auf das man sich verlassen kann. Warum sollte ich Wurst daraus machen wollen?" Zudem würden viele Leute glauben, dass die Pferde gegen ihren Willen vor die Kutsche gespannt werden. Ein Trugschluss, sagt die Wienerin. "Wenn die Pferde nicht dazu bereit wären, dann würden sie nicht mit so einer Gelassenheit mitlaufen."
Konkurrenzdruck
Unter den Fiaker-Fahrern herrscht große Konkurrenz. Die Anzahl der Standplätze ist begrenzt, der Kampf um das Geschäft groß. "Es gibt Schwestern-Firmen, Freund-Firmen, Feind-Firmen und die, die man ignoriert", erklärt die Fiaker-Sprecherin. "Man kann sich nie mit allen verstehen, aber das kennt man ja aus jeder Firma." Der typische Fiaker-Kutscher sei ohnehin ein Einzelkämpfer. "Das sind selten Menschen, die in Büros sitzen und in Teams arbeiten könnten."
Am lustigsten findet sie Heiratsanträge in der Kutsche. "Die Männer organisieren das und wir Fiaker sind die Eingeweihten", erzählt die 45-Jährige. "Viele Frauen müssen dann laut lachen. Nein gesagt hat bis jetzt aber noch keine."
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Martina Michelfeit wurde 1970 in Wien geboren. Das Studium (Soziologie, Publizistik, Pädagogik) schloss sie 2000 ab. Seit 1987 ist Michelfeit Fiaker-Fahrerin, seit drei Jahren Fiaker-Sprecherin. Sie ist Inhaberin der Freudenauer Chamotte Fabrik im Prater.
Wiener FiakerIn der Bundeshauptstadt gibt es rund 170 Fiakerkutschen, wovon pro Tag 58 fahren dürfen. Dafür werden halbjährlich 58 Platzkarten für die Standorte Albertina, Burgtheater, Stephansplatz, Heldenplatz und Petersplatz vergeben. Von den Kutschern sind inzwischen 40 bis 50 Prozent Frauen.