Chronik/Wien

Facebook-Stalking: 15-Jährige vor Gericht

Die Auswüchse von Facebook sind am Mittwoch in einer Verhandlung am Wiener Straflandesgericht zur Sprache gekommen. Dort hatte sich Richterin Michaela Röggla-Weiss mit einem 15 Jahre alten Mädchen auseinanderzusetzen, das via Facebook mit einem gleichaltrigen Burschen in Kontakt zu kommen versucht hatte. Als dieser nichts von ihr wissen wollte, begann sie ihn laut Anklage beharrlich zu verfolgen.

"Ich bekomme seit Mitte Dezember ununterbrochen Anrufe", schilderte der Jugendliche, der in seinem Facebook-Profil fahrlässigerweise seine Nummer angegeben hatte. Als er die lästige Anruferin blockierte, habe das Mädchen ihr Handy gewechselt und bedränge ihn seither "anonym". Zehn bis 15 SMS erhält der Schüler seither täglich: "Gestern hat sie mir das letzte Mal geschrieben und mir viel Spaß morgen bei Gericht gewünscht."

Die Angeklagte selbst blieb - auch das hatte sie dem Burschen angekündigt - dem Verfahren fern. Die beiden haben einander im realen Leben nie kennengelernt. Er sei von dem ihm unbekannten Mädchen eines Tages einfach angeschrieben, als "süß" befunden und um ein Treffen gebeten worden. "Sie hat gesagt, dass sie mit mir eine Beziehung führen will", verriet der Jugendliche am Rand der Verhandlung. Als er nicht darauf einging, habe sie sein Profil "in Schwulen-Börsen reingestellt" und vorgegeben, er wäre an sexuellen Kontakten orientiert. 50 entsprechende Anfragen habe er daraufhin bekommen.

Ob sich das Mädchen in stationärer psychiatrischer Verhandlung befindet, ließ sich von der Richterin im Rahmen des Beweisverfahrens nicht eruieren. Entsprechende Hinweise liegen zwar vor, doch in den psychiatrischen Abteilungen zweier Wiener Spitäler, mit denen Röggla-Weiss telefonisch Kontakt aufnahm, kannte man den Teenager nicht. Die Richterin beraumte darauf für kommenden Mittwoch den nächsten Verhandlungstermin an, zu dem die 15-Jährige mit polizeilicher Zwangsgewalt vorgeführt werden wird.