Chronik/Wien

Dreifache Mutter starb im Spital wegen Schlamperei

Am Ende wollten die der fahrlässigen Tötung beschuldigten Ärzte die Verantwortung noch einem Pfleger zuschanzen. Dieser habe doch auf dem Röntgenbild einen Schatten erkannt, der dort nicht hingehört. Aber den hätte nach Ansicht des Gerichts sogar ein Laie sehen können. Die Frage ist viel mehr: Warum haben die behandelnde Assistenzärztin und deren vorgesetzter Oberarzt nicht reagiert?

Eine dreifache Mutter lag wegen einer Nervenentzündung mit Lähmungserscheinungen im Neurologischen Krankenhaus Rosenhügel in Wien. Am 2. Juni 2011 bekam die 40-Jährige unterhalb des Schlüsselbeins einen Venenkatheter gesetzt, über den sie mit guter Aussicht auf Heilung medikamentös behandelt werden sollte. Dabei kam es – womit bei dieser schwierigen Prozedur durchaus zu rechnen ist – zu einer Venenperforation. Das hätte auffallen müssen, zeigte die "faustgroße Verschattung" auf dem unmittelbar danach angefertigten Röntgenbild doch laut Gutachten einen "alarmierenden Befund". Aber auch als sich die Blutwerte der Patientin dramatisch veränderten, geschah nichts. Am nächsten Morgen war sie tot.

Wäre unverzüglich eine Computertomografie durchgeführt und ein Gefäßchirurg beigezogen worden, hätte die Frau überlebt, sagt die Gerichtssachverständige.

Punktuelle AufsichtDie Assistenzärztin verwies auf den Oberarzt, von dem sie sich erwartet hätte, dass er das Röntgenbild entsprechend deutet und Anweisungen gibt. Der Oberarzt will "auf die Erfahrung" der Assistenzärztin vertraut haben und bloß zu einer "punktuellen Aufsicht" verpflichtet gewesen sein. Dieser sei er ohnehin nachgekommen, indem er die Patientin besucht habe. Deren "Unruhe" führte er auf die Grunderkrankung zurück.

Obwohl das Gericht der jungen Ärztin ihre Unerfahrenheit ausdrücklich als mildernd anrechnete, wurde sie strenger verurteilt als der Oberarzt: 120 Tagsätze zu 100 Euro (dieser Betrag richtet sich nach dem Einkommen), also 12.000 Euro Geldstrafe für sie, 100 Tagsätze zu 200 Euro (20.000 Euro) für den Besserverdienenden.