Chronik/Wien

Cheftrainer braucht den Weitblick

29 km/h. Diese Geschwindigkeit erreichen nicht nur manche Fußballer beim Sprinten. So schnell ist auch der Lift im DC Tower, der den Austria-Cheftrainer Thorsten Fink in den 57. Stock befördert.

In Österreichs höchstem Gebäude hatte der Profi-Trainer nach seinem Umzug nach Österreich nicht nur kurzzeitig ein Zuhause gefunden (und zwar in den Räumlichkeiten des Meliá Hotels), sondern im "57 Restaurant" auch einen Ort der Entspannung.

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Mittlerweile wohnt Fink zwar weiter südlich (um nahe beim Austria-Trainingsgelände in Steinbrunn zu sein), das stilvolle, puristisch eingerichtete Lokal in 220 Meter Höhe sucht er trotzdem weiterhin auf. Hier trinkt Fink Espresso mit Blick auf den Prater und die Wiener Hausberge, isst Steak zum Sonnenuntergang oder nimmt einen Gin-Tonic an der Bar-Terrasse, die sich einen Stock höher unter freiem Himmel befindet.

Sechs Tage reinbeißen

Nach Österreich ist Fink alleine gezogen; die Familie ist in München geblieben. Ob die Entfernung hart ist? "Ja, klar", meint der gebürtige Deutsche, der in Dortmund aufgewachsen und vor seiner Karriere als Trainer unter anderem 150 Bundesligaspiele für Bayern München gespielt hat. "Aber", fährt Fink fort, "für die Kinder (zwei Buben im Alter von zehn und elf Jahren, Anm.) ist es besser, wenn sie einen fixen Lebensmittelpunkt haben." Außerdem könne Fink auf diesem Weg in Wien sechs Tage die Woche richtig reinbeißen. "Wenn man Ziele hat und Geld verdienen will, kann man nicht immer zu Hause sein." Einen Tag in der Woche verbringt er dann in der deutschen Heimat und während der Sommerferien werden die Buben vier Wochen bei ihm sein.

Natürlich würde er sich freuen, wenn die beiden einmal in seine sportlichen Fußstapfen treten, erzwingen will er aber nichts. "Der eine ist aber schon ganz fußballbegeistert. Der andere meint noch: ,Fußball spielen kann ein jeder, ich spiel’ lieber was anderes.‘" Bei der Aussage muss Fink auflachen.

Indes serviert der Kellner den Vorspeisensalat mit Garnelen. Fink nimmt die Gabel in die rechte, das Messer in die linke Hand. Ist er Linkshänder? "Nein, nein, das habe ich einfach von meinem Vater übernommen." Ebenso wie die Fußball-Leidenschaft übrigens.

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Ob Fink abgesehen von der Familie hier in Wien etwas vermisst? Der 48-Jährige lässt den Blick aus dem Fenster über die Donau und die Großstadt schweifen und meint dann: "Was kann man denn in Wien schon vermissen? Hier gibt’s doch alles."

Rapid verdrängen

Vor allem, was die Lebensqualität anbelangt. In letzter Zeit häuften sich jedoch Gerüchte über einen Klubwechsel. Fink winkt ab. "Ich habe meinen Vertrag noch ein Jahr, den will ich auch erfüllen." Mit einem Aufstieg der Austria von Platz 7 auf Platz 3 in der Bundesliga habe die Arbeit ja gut begonnen. Das Ziel für die kommende Saison lautet nun: Rapid Wien vom zweiten Platz verdrängen.

Was einen erfolgreichen Trainer ausmacht? "Gutes People-Management", meint Fink. Man müsse wissen, wie man die Spieler motivieren kann. "Die einen muss man loben, die anderen zusammenscheißen. Und jenen, die nicht lernen, muss man sagen: Danke, ich brauch’ den nächsten Spieler." Dass diese Direktheit eine deutsche Eigenschaft sei, streitet er ab. Dass es prinzipiell Verhaltensunterschiede zwischen Österreichern und Deutschen gebe, kann er aber nicht verneinen. "Einiges wird hier doch lockerer genommen."

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Alles andere als locker wird es beim EM-Finale zugehen. Auch wenn Deutschland aus dem Rennen ist, das Spiel wird Fink natürlich nicht verpassen. Einen alternativen Favoriten hat er aber nicht.
Zur Person

Thorsten Fink ist deutscher Fußballtrainer und ehemaliger Profi-Fußballspieler. Seit der Saison 2015/’16 ist er Cheftrainer bei FK Austria Wien. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr.

FK Austria

Mit Thorsten Fink schaffte es die Austria von Platz 7 auf Platz 3 der Bundesliga. Dieses Ergebnis möchte Fink weiter verbessern.

Trainingsgelände

Die Generali Arena wird derzeit renoviert. Den Trainingsalltag bestreitet die Austria nun in Steinbrunn, Burgenland.