Chronik/Wien

Bluttat am Brunnenmarkt: "Tragödie darf sich nicht wiederholen"

Seit der tödlichen Eisenstangen-Attacke auf dem Wiener Brunnenmarkt ist das subjektive Sicherheitsgefühl der Anrainer noch weiter gesunken. Schließlich wurde das Opfer, die 54-jährige Reinigungskraft Maria E., ohne jeglich ersichtlichen Grund mit einer Eisenstange erschlagen. Der mutmaßliche Täter, der Kenianer von Francis N., 21, war wegen mehrerer Delikte amtsbekannt, obdachlos und ohne Aufenthaltsbewilligung in Österreich.

Nicht nur der Witwer des Opfers fragt sich, warum seine Frau sterben musste – er klagte die Republik auf 20.000 Euro Schmerzensgeld. Auch Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) fordert Aufklärung und setzte eine Sonderkommission ein. Der KURIER sprach mit dem Vorsitzenden der Kommission, Helfried Haas, Vizepräsident des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen. Der Top-Jurist hatte Freitag mit dem Justizminister einen Termin zum Thema: "Ziel ist es, die Wahrscheinlichkeit zurückzudrängen, dass sich eine solche Tragödie wiederholt."

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Die Sonderkommission wird Schnittstellen zwischen den Behörden und Dienststellen (Exekutive, Justiz, Sozialarbeit, Psychiatrie) genau unter die Lupe nehmen. Denn bis dato will jede in den Fall involvierte Behörde richtig gehandelt haben.

Haas will den Brunnenmarkt-Fall peinlich genau untersuchen: "Wir haben vor, mit allen Beteiligten und natürlich auch mit der Familie des Opfers zu reden. Es stellt sich hier die Frage, was ist passiert und was ist nicht passiert." Bis jetzt wurde noch immer nicht beantwortet, warum Francis N. trotz mehrerer Vorstrafen, allseits bekannter psychischer Probleme und offensichtlich höchstem Aggressionspotenzials auf freiem Fuß war. "Wir müssen den bisherigen Lebensverlauf des Täters analysieren um ähnliche Taten zu verhindern", sagt Haas.

Gesetzesänderungen

In der Kommission werden Vertreter des Innen- und Justizministeriums, der Polizei, der Volksanwaltschaft, von Sozialdiensten, Medizinern sowie Experten des Bundesasylamts sitzen. Sollten Defizite – auf gesetzlicher und/oder organisatorischer Basis – seitens der involvierten Behörden erkannt werden, schließt Haas auch Gesetzesänderungen nicht aus.

In zwei Monaten will die Sonderkommission ihren ersten Vorbericht präsentieren. Der Vorsitzende betont aber, dass die Expertengruppe keinerlei Urteile oder Schuldzuweisungen leisten wird: "In diesem Fall wäre das Angelegenheit der Disziplinarkommissionen oder Gerichte." Haas kündigte weiters an, mit dem in Untersuchungshaft befindlichen Verdächtigen persönlich zu sprechen. Dazu braucht er allerdings die Genehmigung der – in der Kritik stehenden – Staatsanwaltschaft.

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