Bezirke lehnen neuen Straßenstrich ab
Von Nihad Amara
Der Straßenstrich in Wien polarisiert. Befürworter unterstreichen, dass er Frauen gestatte, selbstbestimmt zu arbeiten. In den Bezirken stellt man sich die Frage: Warum bei mir?
Am 1. November 2011 trat das neue Prostitutionsgesetz in Kraft. Nach Bürger-Protesten einigten sich Rot und Grün darauf, den Straßenstrich im Wohngebiet zu verbieten – und ins Gewerbegebiet zu verlagern. Mit einer Hintertür: Es soll, abgestimmt mit den Bezirken, Erlaubniszonen für den Strich geben. Doch genau dagegen wehren sich die Bezirke.
Für Szene-Kenner wie Christian Knappik ist die derzeitige Situation ein Horrorszenario: "Nur weil sie aus den Augen und aus dem Sinn sind, sind die Frauen nicht weg." Erst kürzlich schrieb Knappik an die Stadtregierung. Er zählt darin jene Entwicklungen auf, die seit dem "Aus" für den Straßenstrich in Wohngegenden eingetreten sind. "Wir haben neue Formen der Prostitution, etwa in Shopping-Centern." Unterm Strich, sagt Knappik, "ging alles zulasten der Frauen. Sie arbeiten im Geheimen, die Abhängigkeit ist gestiegen, die Sicherheit gesunken."
Diesen Vorwurf will die Sprecherin von Stadträtin Sandra Frauenberger nicht stehen lassen. "Es gibt derzeit eine enge Abstimmung mit den Bezirken", sagt Sprecherin Stefanie Grubich. Man halte an der Erlaubniszonen-Lösung weiterhin fest. Sie kontert mit Zahlen: Seit Inkrafttreten des Gesetzes stieg die Zahl jener Frauen, die sich registrieren ließen, leicht an. "Es zeigt, dass es durch das Gesetz keine Flucht in die Illegalität gibt", sagt sie. Das Ziel, die Anrainer zu entlasten, sei geglückt. Das unterstreicht auch die Grüne Birgit Hebein, die aber anmerkt: "Es scheint so, dass unter den Bezirken das Florianiprinzip zum Tragen kommt."
"Kein Bedarf"
Straßenprostitution ist nun in Gewerbegebieten erlaubt. Für Peter Goldgruber, Leiter der verwaltungspolizeilichen Abteilung in Wien, wäre das ausreichend. "Als jemand, der mit der Vollziehung betraut ist, sage ich, dass es derzeit keinen Bedarf für Erlaubniszonen gibt." Für die bis zu 200 Frauen gebe es genügend Ausweichflächen.
Genutzt wird momentan nur die Prater-Gegend – und zwar intensiv. Die Bezirksvertretungen bleiben stur: In Rudolfsheim-Fünfhaus, Neubau und Mariahilf lehnten sie Erlaubniszonen ab, am Mittwoch wird Alsergrund mit "Nein" votieren.