Chronik/Wien

Anrainerparken: Mehrheit der Wiener City-Bewohner gegen Öffnung

Eine große Mehrheit der Wiener Innenstadt-Bewohner spricht sich gegen die Öffnung der Anrainerparkplätze für Unternehmer und Sozialdienste aus. 92,09 Prozent stimmten bei einer Bürgerbefragung für die Beibehaltung der jetzigen Regelung und unterstützten damit die Haltung der Bezirksvorstehung. City-Chef Markus Figl (ÖVP) erwartet sich nun vom Rathaus, die geplante Öffnung zurückzunehmen.

Die rechtlich nicht bindende Befragung wurde nach einem Beschluss aller Bezirksfraktionen vom 9. bis 22. Jänner abgehalten. Knapp 15.000 Bewohner mit Hauptwohnsitz konnten per Fragebogen mitvotieren. Von 6.760 gültigen Stimmen (die Rücklaufquote betrug 46,34 Prozent, Anm.) sprachen sich nur 535 für die von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) zuletzte vorgeschlagene Lösung aus. Sie sieht vor, die für Anrainer reservierten Stellplätze - 20 Prozent aller Innenstadt-Parkplätze - zwischen 8.00 und 16.00 Uhr auch Unternehmern und Sozialdiensten zur Verfügung zu stellen.

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"Starkes Signal an Vassilakou"

Der Bezirk lehnte das seit jeher ab und fühlt sich nun durch das Befragungsergebnis gestärkt. "Das ist ein starkes Signal an Vassilakou. Wir erwarten uns eine vollständige Anerkennung des Ergebnisses", appellierte Bezirksvorsteher Figl in einer Pressekonferenz am Donnerstag nicht nur an die Verkehrsstadträtin, sondern auch an den künftigen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Man werde alle Möglichkeiten ausschöpfen, um dem Bürgerwillen gerecht zu werden, versprach Figl: "Wir werden diese neuen Tafeln sicher nicht aufstellen und die Geldmittel nicht freigeben."

Sollte das Verkehrsressort selbst die Schilder, die die Änderung der Regelung anzeigen würden, montieren, werde das zu einer rechtlichen Auseinandersetzung führen, so der Vorsteher. Denn er ist der Ansicht, dass der Bezirk in dieser Angelegenheit das letzte Wort hat.

Origineller Appell der Liste "Wir im Ersten"

Präsentiert wurde das Ergebnis heute im Beisein von Vertretern aller Bezirksfraktionen. Sie betonten ebenfalls einhellig, dass Vassilakou ihre Pläne nun zurücknehmen müsse. Dieser Meinung war auch der grüne Klubchef der Inneren Stadt, Alexander Hirschenhauser. Die Grünen hätten mit einer "ehrlichen Kompromiss" durchaus leben können - nämlich einer Öffnung nur für materialbeförderndes Gewerbe und Sozialdienste. Mit Vassilakous Variante würden aber auch Steuerberater oder Rechtsanwälte geradezu eingeladen, in den 1. Bezirk einzufahren. Das widerspreche der verkehrsberuhigenden Idee des Anrainerparkens - ein Modell, das übrigens "auf grünem Mist" gewachsen sei.

Die Bürgerliste "Wir im Ersten" ließ indes mit einem originellen Appell aufhorchen. Sollte das Votum im Rathaus und somit die Meinung des Bezirks nicht anerkannt werden, könne man gleich alle Bezirke abschaffen. Denn die für die Bezirksparlamente anfallenden Budgetmittel wären dann sinnvoller einsetzbar.

Kritik an der Befragung kam von der Wirtschaftskammer, mit der Vassilakou die Öffnung paktiert hatte. Das Votum falle in die Kategorie "Faschingsschmäh". "Das ist so, als würde ich meine Töchter fragen, ob sie mir ihre Weihnachtsgeschenke zurückgeben", urteilte der für Transport und Verkehr zuständige Wiener Spartenobmann Davor Sertic per Aussendung. Er kritisiere, dass Unternehmer nicht teilnahmeberechtigt waren und forderte zugleich, die Anrainerparkplätze zwischen 8.00 und 16.00 Uhr für alle Verkehrsteilnehmer zu öffnen. Auf diese erste Variante hatten sich Kammer und Stadt ursprünglich geeinigt.