Chronik/Welt

Triebwerk explodiert: Die Pilotin reagierte cool

Die Triebwerktrümmer durchschlugen ein Flugzeugfenster in Sitzreihe 17 und verletzten die 43-jährig, nicht angeschnalltePassagierin Jennifer Riordan schwer am Kopf. Durch den rapiden Druckabfall wurde die Bankmanagerin beinahe aus dem Fenster gesogen. Andere Passagiere hielten sie fest, doch die zweifache Mutter erlag später ihren Verletzungen.

Das Horrorszenario auf Flug WN-1380 von New York nach Dallas mit 148 Menschen an Bord ging am Dienstag ansonsten beinahe glimpflich aus, es gab nur sieben Verletzte. „Bei einem rapiden Druckabfall hat man sechs bis sieben Sekunden Zeit, um Sauerstoffmasken anzulegen. So lange versorgt der Körper sich von selbst“, erklärt Luftfahrtexperte Hellfried Aubauer.

Auf Handy-Videos sieht man die Panik, hört die Schreie. Doch im Cockpit saß die ehemalige Kampfpilotin Tammie Jo Shults, 56. Eine nervenstarke Frau, die in den 1990er Jahren F-18 Bomber auf Flugzeugträgern gestartet und gelandet hat. Sie brachte die Boeing der Southwest am Dienstag in Philadelphia aus rund 9000 Meter Höhe sicher zu Boden. Wie cool Shults blieb, zeigen ihre Funksprüche, sie erklärt völlig unaufgeregt, was passiert ist: „Wir haben einen Teil des Flugzeugs verloren und irgendjemand flog hinaus“, sagt sie – während der Mann von der Flugsicherung am anderen Ende der Leitung hörbar immer fassungsloser wird und nachfragt, ob er das richtig verstanden hat. Dann bittet sie nur darum, auf der Landebahn medizinisches Personal bereitzustellen“.

Druckverlust

Vorfälle wie diese kommen in der zivilen Luftfahrt häufiger vor als man denkt – etwa ein bis zwei Mal pro Jahr gibt es einen Druckverlust durch eine Beschädigung der Hülle. Piloten sind auch auf den Ausfall von Triebwerken trainiert. Experte Aubauer meint, dass dafür keine fliegerische Meisterleistung notwendig ist: „Derartige Manöver werden extra trainiert in der Ausbildung, das ist 08/15.“ Die Pilotin muss versuchen, möglichst rasch auf 3000 Meter Höhe zu kommen, dort ist der Druck aushaltbar. Genau das schaffte Shults innerhalb von etwas mehr als fünf Minuten.

Brisant ist allerdings, dass es sich um den zweiten derartigen Vorfall mit einer Southwest-Maschine handelt. Bereits am 27. August 2016 war ebenfalls bei einer Boeing 737 während der Startphase auf rund 9000 Meter das linke Triebwerk explodiert. Die Teile schlugen nur wenige Zentimeter unter einem Fenster ein. Damals wurde Materialermüdung als Ursache genannt, bei einem zweiten praktisch identen Vorfall müssen nun aber auch mögliche Wartungsfehler in Betracht gezogen werden.