Chronik/Welt

Streit um die Strafe für Oscar Pistorius

Nach der Verurteilung des früheren Paralympics-Stars Oscar Pistorius wegen fahrlässiger Tötung wird nun über das Strafausmaß beraten. Bei der letzten Etappe in dem spektakulären Prozess gegen den beinamputierten Sprinter legen Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Argumente dar. Möglich wäre eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren. Pistorius könnte aber auch auf Bewährung freikommen.

Der 27-Jährige war vor einem Monat schuldig gesprochen worden, seine Freundin Reeva Steenkamp fahrlässig getötet zu haben. Er hatte die 29-Jährige durch eine geschlossene Tür erschossen – und beteuert, sie mit einem Einbrecher verwechselt zu haben. Die Staatsanwaltschaft schenkte dieser Version keinen Glauben. Richterin Thokozile Mazipa folgte hingegen Pistorius’ Version, was im Land für Empörung sorgte. Der Mordvorwurf sei nicht hinreichend bewiesen worden, sagte Mazipa.

Am Montag lieferten Verteidigung und Anklage einander ein Gefecht vor Gericht. Bei der Anhörung in Pretoria zog Staatsanwalt Gerrie Nel Aussagen einer Trauma-Therapeutin in Zweifel, die sagte, Pistorius sei unfähig, den Tod seiner Geliebten zu überwinden. "Er mag ein gebrochener Mann sein, aber er kann sein Leben fortsetzen", sagte Nel im Kreuzverhör der Psychologin Lore Hartzenberg. Die Expertin hatte Pistorius nach der Bluttat lange betreut. Trauer und Schmerz hätten ihn überwältigt, sagte sie. Seit der Tat fühle sich der einst angehimmelte Sportstar "absolut wertlos". Nel hingegen deutete an, Pistorius könne bereits wieder an die Fortsetzung seiner Karriere als Sportler denken.

Ein von der Verteidigung beauftragter Sachverständiger sprach sich für drei Jahre Hausarrest für Pistorius aus, was auf heftigen Protest der Staatsanwaltschaft stieß.

Oscar Pistorius folgte der Verhandlung mit versteinerter Miene. Er war mit Verwandten zum Gericht gekommen, die ihn ebenso wie Polizisten vor der Zuschauermenge abschirmten. Die Entscheidung über das Strafmaß soll bis Ende der Woche fallen.