Die Zarin vom Zürichsee
Von Susanne Bobek
Es war einmal ein russisches Waisenmädchen, das mit sieben Jahren seine Eltern bei einem Zugunglück verlor.
Heute wird Margarita Louis-Dreyfus, 54, die Zarin vom Zürichsee genannt. Laut Forbes ist sie die zweitreichste Schweizerin mit einem Vermögen von rund 7,1 Milliarden Dollar. In der Schweiz schaut man wie gebannt auf die Dame, der offenbar alles gelingt.
Derzeit beschäftigt die Präsidentin der Louis Dreyfus Company mit weltweit 22.000 Mitarbeitern, dem weltweit viertgrößten Agrarhandelsunternehmen, Richter in den Niederlanden. Sie will die lästige Verwandtschaft ihres verstorbenen Ehemanns los werden und hat dafür im Sommer den Fußballclub Olympique de Marseille an einen US-Milliardär verkauft.
Margarita Louis-Dreyfus wuchs bei ihrem Großvater, einen Elektroingenieur, in Leningrad auf. Sie absolvierte ein Jus- und ein Wirtschaftsstudium, wanderte nach Westeuropa aus und verkaufte mit großem Erfolg Computerteile. 1989 lernte sie auf einem Flug von Zürich nach London Robert Louis-Dreyfus kennen, Haupterbe des 1851 gegründeten Agrarhandelsunternehmens und Chef von Adidas. (In dieser Funktion soll er seinem Freund Uli Hoeneß Geld zum Zocken an der Börse und dem Deutschen Fußballbund Millionen für die Vergabe der Fußball-WM 2006 geborgt haben.)
Als Robert an Leukämie erkrankte, setzte er seine Frau als Haupterbin und Verwalterin der Anteile seiner drei Söhne ein. 2009 starb er und Margarita Louis-Dreyfus feuerte seine engsten Berater und katapultierte sich 2011 an die Spitze des Aufsichtsrates.
Alles unter Kontrolle
Die Witwe hat ihren Unternehmensanteil von 65 Prozent auf 80 Prozent aufgestockt und kontrolliert das Imperium über eine Familienstiftung namens Akira. Zwischendurch hat sie im heurigen März Zwillingsmädchen geboren.
Vor Gericht wird um die finanzielle Bewertung der nicht börsennotierten Anteile der Familie gestritten. Dafür hat Margarita Louis-Dreyfus auch privat einen sehr kenntnisreichen Partner an ihrer Seite. Vater ihrer sieben Monate alten Töchter ist der ehemalige Notenbankchef der Schweiz, Philipp Hildebrand.
Das Wall Street Journal, beschreibt den Aufstieg dieser Frau mit Bewunderung, teilweise Fassungslosigkeit und Sorge. Ihre Familienstiftung Akria hätte derzeit nur Schulden.
Die Louis Dreyfus Company wickelt zehn Prozent des weltweiten Handels mit Agrarrohstoffen (Getreide, Ölsaaten, Baumwolle, Zucker und Kaffee) ab. Doch die Preise sind im Keller, 2015 verzeichnete der Konzern einen Gewinneinbruch um zwei Drittel. Doch Margarita Louis-Dreyfus steht unter Zugzwang, die Zarin kämpft.