Chronik/Welt

Regen und Kälte erschweren die Hilfseinsätze

Am Dienstag konnten sich die österreichischen Caritas-Helfer Andreas Zinggl und Thomas Preindl bei Caritas Nepal einen ersten Überblick verschaffen: Die Essenverteilung läuft, es gibt Reis, Linsen, Bohnen, Fertignudeln, Zucker, Salz, Tee und Öl für die Bebenopfer. "Das wird in einfachsten Metallschüsseln auf offenem Feuer zubereitet", sagt Andreas Zinggl.

Viele Häuser sehen intakt aus, doch keiner traut sich, darin zu übernachten. Das Problem für Helfer wie Opfer: "Es regnet fast ununterbrochen und es ist mit 15 Grad eher kalt." Da die Krankenhäuser überfüllt oder teilweise zerstört sind, wird in Zelten operiert. "Die Menschen werden aufgefordert, Blut zu spenden. Es gibt zu wenig Blutkonserven", sagt Andreas Zinggl. "Auch mit der Trinkwasserversorgung hapert es, weil der Strom immer wieder ausfällt und die Pumpen dann nicht gehen."

Er sei sehr still in Kathmandu, fast 90 Prozent der Geschäfte sind geschlossen. "Die Menschen sind ruhig und diszipliniert, es gibt keine Plünderungen oder Gewaltaktionen", so Zinggl, der die Nacht nicht in einem Hotel verbrachte, denn das schien ihm und Thomas Preindl zu unsicher. Die beiden kamen in einem Kammerl eines Caritas-Hauses unter, "weil man von da schneller ins Freie kommt, wenn es wieder Nachbeben gibt".

Ärzte gesucht

Einen Hilfsappell an Ärzte richtet der österreichische Reiseveranstalter Weltweitwandern: Notfallmediziner und/oder Chirurgen, die den Verletzten in Nepal helfen können, werden dringend gesucht. Der nepalesische Partner von Weltweitwandern, Sudama Karki, richtet in der Provinz Langtang nördlich von Kathmandu eine Hilfs-Infrastruktur ein. Das örtliche Team von Weltweitwandern verteilt Zelte, Schlafsäcke und Matten. Was fehlt, sind Ärzte, aber auch Medikamente. "Wir übernehmen für die Ärzte die Organisation und die Kosten für den Flug", sagt Weltweitwandern-Chef Christian Hlade. Interessierte (bitte nur qualifizierte Helfer) mögen sich möglichst rasch per eMail melden: christian.hlade@weltweitwandern.at

Mehrere Tage nach dem Beben steigt die Zahl der Opfer weiter an. Es gibt bereits rund 5000 registrierte Tote; Ministerpräsident Sushil Koirala befürchtet jedoch, dass bis zu 10.000 Menschen ums Leben gekommen sein könnten. Zehntausende wurden verletzt. Laut UN sind rund acht Millionen Menschen von dem Beben betroffen. Die Not ist unvorstellbar: "Wir haben hier nichts mehr zu essen, uns bleibt nichts mehr", sagt die 24-jährige Sita Gurung, während sie auf ihr zerstörtes Haus in dem Dorf Lapu zeigt.

Das Beben der Stärke 7,8, das Nepal am Samstag erschütterte, hat ganze Dörfer zerstört. Die Behörden räumten ein, dass sie von der Zahl der Hilferufe aus den entlegenen Himalaja-Dörfern überfordert seien: "Von überall treffen Bitten um rasche Hilfe ein, aber wir sind nicht in der Lage, überall gleichzeitig Rettung zu organisieren, da uns Ausrüstung und Experten fehlen", sagte Koirala.

Auch in Kathmandu ist die Lage kritisch. Hunderttausende Menschen fliehen aus der zerstörten Hauptstadt. Doch Helfer sagen: Auf dem Land ist es nicht besser.

Die österreichische Regierung hilft Nepal mit 750.00 Euro. Das Land Tirol stellt 300.000 Euro Soforthilfe zur Verfügung.

Weitere Lawine

Die Lage am Mount Everest, wo sich Hunderte Bergsteiger zum Beginn der Klettersaison versammelt hatten, blieb unübersichtlich. Am Samstag hatte eine Lawine Teile des Basislagers zerstört, mindestens 17 Menschen starben. Nach dem Abgang einer neuen Lawine werden bis zu 250 Menschen vermisst. Möglicherweise sind ausländische Touristen darunter. Die Lawine traf das Dorf Ghodatabela, das in einem Naturpark liegt. Die Region ist bei Wanderern sehr beliebt.

Die österreichische Journalistin Claudia Schanza erlebte das Beben in Nepal: "Als das Hauptbeben den Boden unter unseren Füßen zum Schwanken brachte, herrschte Panik. Die Einwohner liefen aus ihren Häusern, die Nachbeben kamen immer wieder und recht stark. Ich habe auch statt im Hotelzimmer im dritten Stock die Nacht und den folgenden Tag lieber im Innenhof verbracht", berichtet Schanza im KURIER-Interview.

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"Kathmandu ist nicht wiederzuerkennen. Es ist kaum Verkehr auf den Hauptstraßen, wo sich sonst zäh eine mehrspurige Verkehrslawine wälzt. Jetzt herrscht beklemmende Ruhe", berichtet die Frau von Peter Resetarits.

"Besonders tragisch ist, dass das Beben neben der humanitären Katastrophe und den zerstörten Kulturdenkmälern vor allem die wichtigste Säule der Wirtschaft trifft: den Tourismus. Jetzt braucht das Land Erste Hilfe."