Chronik/Welt

„Prinzessin Diana musste weg“

Seine dunkle Sonnenbrille bietet Schutz. Michael Cole, 70, benötigt diesen Schutz. Er hat in seinem Leben von unzähligen Kriegsschauplätzen für die BBC berichtet. Er wurde in Belfast bei einem Bombenanschlag verletzt. War in Wien beim OPEC-Überfall live dabei. Interviewte die Angehörigen nach dem Tod von Elvis Presley. Doch diese eine Frage nach dem Tod von Diana und Dodi – am 31. August 1997, in einem Tunnel in Paris – bringt ihn bis heute aus der Fassung.

„Ich war mit den beiden mehr als zehn Jahre lang befreundet“, erklärt der Gentleman aus London, der nach Wien eingeflogen ist, um das neue Buch Federführend – über die Magie der Handschrift zu präsentieren. Und er räuspert sich dabei.

Lady Di und ...

Mister Cole sitzt im Café Mozart, wie immer elegant gekleidet, und holt weiter aus: „Lady Di hat mir von Anfang an leidgetan.“ Aus nächster Nähe hätte der BBC-Journalist wieder und wieder beobachten müssen, wie sie ihr ich-zentrierter Mann, Prinz Charles, „öffentlich bloßgestellt und auch seine Beziehung zu einer anderen Frau nicht wirklich verheimlicht hat. Das war auch für die Anwesenden unerträglich.“

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Umso mehr habe er sich über die Zornesröte im Prinzen-Gesicht gefreut, als er Charles und Diana bei ihrem Wien-Besuch 1986 über den Heumarkt schreiten sah und die Menge nur der Prinzessin zujubelte.

Der Zeitzeuge fährt fort: „Sie war eine zerbrechliche Person, sie war bei Weitem nicht perfekt. Aber sie hat jeden Tag aufs Neue versucht, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Sie war trotz der Enttäuschungen in ihrer Ehe immer zu Späßen aufgelegt. Und sie wurde damit zu einer Identifikationsfigur für Millionen von Frauen.“

Der 31. August 1997 war ein Sonntag. Als Michael Cole vom Tod seiner beiden Freunde erfuhr, begann die vielleicht intensivste Woche in seinem Leben. Er war zu dieser Zeit nicht mehr bei der BBC, sondern Director of Public Affairs der Kaufhauskette Harrods. Die hatte sein Freund, der in Ägypten geborene Geschäftsmann Mohamed Al-Fayed, gekauft.

Heute sagt er: „Ich wusste sofort, dass ich die Verantwortung übernehmen und vor die Presse treten musste. Mohamed konnte das nicht, er musste seinen Sohn begraben.“ Und so sprach er in Paris mit den Behörden, und versorgte seine früheren Kollegen von BBC bis CNN mit Hintergrund-Informationen.

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Eine Woche ohne Schlaf, dann das Begräbnis von Dodi in der Grafschaft Surrey. Als der Freund der Familie am Ende erschöpft nach Hause kam, hörte er seine Frau sagen: „Das Leben hat dich auf diese Woche vorbereitet.“ Heute wird er nicht müde zu betonen: „Prinzessin Diana musste weg.“ Sie sei mit ihrer Popularität zu vielen einflussreichen Kreisen – von Prinz Charles bis hin zur Waffen-Lobby – „unbequem geworden“. Und noch eines sagt der Londoner Zeitzeuge bei Apfelstrudel und Wiener Melange: „Dodi war für Diana keine Romanze, er war die große Liebe ihres Lebens.“

... die Eiserne Lady

Der mehrfach ausgezeichnete Journalist war nebenbei auch mit der im April verstorbenen Margaret Thatcher befreundet: „Ich habe ihren politischen Aufstieg zur Premierministerin begleitet und durfte ihr später auch die unangenehmen Fragen stellen.“

Mit seiner Frau war er bei den Thatchers auch zum Dinner eingeladen. Cole erzählt: „Sie hatte auch sanfte Züge – auch im Umgang mit ihrem Personal. Und sie mochte immer sehr adrette Männer um sich.“ Minutenlang durfte ihr daher ein BBC-Kameramann die Hand halten.

Seine Freundschaft mit dem Milliardär Mohamed Al-Fayed hält bis heute an. Der hat ihm den Einsatz für seine Familie nie vergessen. „Doch er hat nicht immer auf mich gehört“, verrät Cole. Obwohl selbst seit Kindheit ein glühender Fußballfan des FC Fulham, habe er ihm 1996 dringend abgeraten, den damals verschuldeten Premier-League-Verein zu kaufen.

„Er hat gesagt: ,Wir werden viel Spaß haben.‘“ „Ich habe gesagt: ,Ja, wir werden viel Spaß haben, und du wirst dafür bezahlen.‘“

Im Juli 2013, nach immerhin 17 Jahren, hatte der Spaß ein Ende. Al-Fayed, heute jenseits der 80, hat den FC Fulham an den pakistanisch-stämmigen Milliardär Shadid Khan verkauft. Und Cole, der lange Direktor des Vereins war, sagt fast erleichtert: „Der moderne Fußball ist ordinär geworden. Es ist fast unmöglich, einen Verein schuldenfrei in der ersten Liga zu führen. Es gibt heute nur mehr zwei schöne Tage im Leben eines Vereinsbesitzers: Der Tag, an dem er den Verein kauft, und der Tag, an dem er ihn verkauft.“

Makel Berliner Mauer

Noch ein Stück vom Apfelstrudel, dann fliegt Michael Cole zurück nach London. Arbeit in seiner Kommunikationsagentur ruft. Er wirkt zufrieden, es gibt in seiner beruflichen Biografie nur eine Geschichte, die ihn wurmt: „Dass ich beim Fall der Berliner Mauer nicht als Reporter dabei war, zumal ich zuvor öfters aus West-Berlin und aus der DDR berichtet habe.“

Biografie

Michael Cole, 1943 in London geboren, berichtete von 1968
bis 1988 als Reporter der BBC aus mehr als 60 Ländern, über
die Royals ebenso wie über Parlamentswahlen und Kriegsschauplätze. Er war Director of Public Affairs u. a. der Kaufhauskette Harrods, seit 1995 ist er Medienberater mit eigener Agentur. Bis Juli 2013 war Cole auch Direktor des FC Fulham.

Buch

Mehr über Michael Cole sowie zehn weitere interessante Persönlichkeiten, die mit dem Schreiben beruflich zu tun
haben, ist im neuen Buch von KURIER- Redakteur
Uwe Mauch nachzulesen: „Federführend – über die
Magie der Handschrift“, Edition Gusswerk,
88 Seiten, 14,90 Euro.

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