Chronik/Welt

Gerüchte um Nazi-Zug sorgen für Goldrausch

Ist alles nur heiße Luft? Eine Sitzung des Krisenstabes hat die Erwartungen gedämpft, es existiere ein geheimnisvoller unterirdischer Raubschatz der Nazis in Niederschlesien. "Wir können nicht sicher sagen, dass der ,goldene Zug‘ sich in der Umgebung von Walbrzych befindet", sagte Tomasz Smolarz, der Leiter der Bezirksregierung.

Schatzsucher lassen sich von Smolarz’ Worten freilich nicht beirren, zumal andere Regierungsvertreter sehr wohl davon ausgehen, dass da irgendetwas unter der Erde ist. Seit Tagen parken zahlreiche Autos entlang der Bahnstrecke zwischen Wroclaw (Breslau) und Walbrzych (Waldenburg). Der Ansturm ist so groß, dass Polizisten in dem Waldgebiet patrouillieren, um Schatzsucher am Graben zu hindern. Wenn gutes Zureden nicht hilft, drohen Bußgelder von umgerechnet 125 Euro. Der Zug – falls er existiert – könnte vermint sein.

Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak hat gestern, Dienstag, Hilfe zugesagt: Militärexperten werden das Gelände untersuchen. Tomasz Somarz hatte wegen der fehlenden handfesten Beweise um Hilfe des Militärs gebeten. Mit Bodenradaren soll die mutmaßliche Fundstelle untersucht werden. Experten wollen sich in den kommenden Tagen einen ersten Eindruck von dem Gelände verschaffen und dann über das weitere Vorgehen entscheiden.

Auch wenn die Existenz des Zuges von manchen Behörden angezweifelt wird, betonte Cezary Przybylski, der Chef der niederschlesischen Bezirksverwaltung: "Der Zug sollte auf jeden Fall in Niederschlesien bleiben."

Rätseln um Ladung

In dem Gebiet gibt es eine Reihe unterirdischer Stollen, die die Nazis hatten bauen lassen. Geschützt vor Luftangriffen der Alliierten sollten dort Waffen produziert werden. In der Gegend soll gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ein Panzerzug verschwunden sein. Womit der Zug beladen ist, ist weiter unklar. Es könnte sich um Gold und Diamanten handeln, Nazi-Raubgut aus dem Besitz ermordeter Juden. Ebenso könnten sich Munition und Kriegsmaterialien oder Archivalien darin befinden.

In jedem Fall sind noch viele Fragen offen – etwa auch, wieso die beiden Finder erst jetzt, nach mehr als 70 Jahren, auf den Zug stießen. Zuchowski vermutet ein "Geständnis auf dem Totenbett" – immerhin handelt es sich bei einem der Finder um einen Deutschen. Dessen Vater oder Großvater könnte zu den Männern gehört haben, die den Zug einst versteckten.

In Walbrzych versuchen nun auch Touristiker, vom allgemeinen Goldrausch zu profitieren: Beim Fürstenschloss, unter dem sich Stollen befinden, werden Sondertouren zu den unterirdischen Tunnelsystemen angeboten.