Chronik/Welt

Um Piloten-Checks tobt Streit

Vor zwei Wochen wurde dem burgenländischen Fliegerarzt Rudolf Golubich die Lizenz für medizinische Checks der Airline-Piloten entzogen. Seither eskaliert ein bereits seit zwei Jahren schwelender Streit über die medizinische Flugsicherheit. Mit dem Absturz der Germanwings-Maschine steuert die Diskussion über die Pilotensicherheit (nicht nur) in Fliegerkreisen auf einen neuen Höhepunkt zu.

Mehr zu den aktuellen Entwicklungen rund um den Germanwings-Absturz gibt es hier.

Gegenüber dem KURIER erklärt der streitbare Mediziner: "Ich habe in den vergangenen drei Jahren sieben österreichische Piloten wegen Überlastungssyndromen grounden müssen. Der Großteil davon war bei der Tyrolean angestellt. Das waren vor allem die Folgen des Arbeitskampfes bei der AUA". Der Fliegerarzt bestätigt oder verweigert darin die medizinische Eignung, die Austro-Control entzieht dann formell die Fluglizenz.

AUA dementiert

Bei der Austrian heißt es, dass "diese Zahl zu hoch" gegriffen sei. Es gebe immer wieder sogenannte unfit-to-fly-Meldungen, bei denen Piloten sich kurzfristig fluguntauglich melden. Aber so viele langfristige "könne man ausschließen". Jeder Pilot können sich ohne Druck "unfit to fly" melden, das würde immer ernst genommen.

Tatsächlich dürften Burn-outs bei Piloten durchaus ein größer werdendes Problem werden. Eine Umfrage unter 422 der rund 2000 heimischen Airline-Piloten durch die Austrian-Cockpit-Association ergab vor drei Jahren, dass 70 Prozent der Herren und Frauen der Lüfte über "typische Syndrome eines Burn-outs" klagen. Immerhin ein Drittel sei schon einmal wegen Übermüdung im Cockpit eingeschlafen, hieß es. 44 Prozent der befragten Piloten hielten die bestehenden Regelungen für ein mittelmäßiges oder schweres Risiko.

Kern der Diskussion sind derzeit die fliegerärztlichen Untersuchungen. Die dort erlangten Ergebnisse müssen in ein Computerformular eingegeben und per EMPIC-System direkt an die Austro-Control gemeldet werden. Seit der Einführung des Systems werden auch medizinisch sensible Daten (wie etwa die Krankheitsgeschichte der Eltern oder vorhandene Tattoos) weitergemeldet. Die Austro-Control beruft sich auf "nationale und internationale Vorschriften".

"Unglück verhindert?"

Drei der 80 Ärzte weigern sich bis heute, diese Daten zu übermitteln. Golubich wurde deshalb zuletzt die Lizenz entzogen, bei zwei weiteren läuft ein Verfahren. "Die sieben betroffenen Piloten kontaktierten mich von sich aus, da sie offensichtlich Vertrauen zu mir hatten und mich nicht als bloßen Befundübermittler an die Behörde sahen", sagt Golubich. "Bei ihnen handelte sich durchwegs um früher hochmotivierte Piloten mit teils über 10.000 Flugstunden. Vielleicht konnte durch den Entzug des Medicals das eine oder andere Unglück verhindert werden?"

Mittlerweile versucht auch die Gewerkschaft vida, den Datenfluss zur Austro-Control zu stoppen, zuletzt mit zwei Betriebsversammlungen und der Ankündigung rechtlicher Schritte. Kritisiert wird auch: Zwei Mediziner sind als private Fliegerärzte beschäftigt und kontrollieren bei der Austro-Control als Behördenvertreter wiederum die Fliegerärzte. Das sei "rechtmäßig und in den meisten europäischen Staaten Praxis", heißt es bei der Austro-Control dazu.