Chronik/Welt

Norwegen will Häftlinge exportieren

Norwegens Gefängnisse sind derart überfüllt, dass Verurteilte Monate warten müssen, bis eine Zelle frei wird. 1200 stehen derzeit auf der Warteliste. Grund dafür ist nicht etwa eine Explosion der Kriminalität im Königreich, sondern die Kapazität reicht wegen des starken Bevölkerungswachstums der vergangenen Jahre und einer strikteren Rechtspraxis nach den Anschlägen von Anders Breivik nicht mehr. Für die Zeit, in der nun neue Gefängnisse gebaut werden sollen, hat Justizminister Anders Anundsen von der rechtspopulistischen Fortschrittspartei eine kreative Lösung gefunden: Er will für „seine“ Gefangenen leer stehende Zellen im Nachbarland Schweden mieten.

Eine offizielle Antwort von Justizministerin Beatrice Ask in Stockholm, die ebenfalls dem rechtsbürgerlichen Lager angehört, steht noch aus. Fakt ist, dass in Schwedens Gefängnissen gähnende Leere herrscht. Zum einen gibt es dort vergleichsweise viele Haftanstalten, zum anderen fallen viele früher verhängte Haftstrafen in Schweden nach einem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs weg. Die Regierung in Stockholm könnte also durchaus seine schwedischen Gardinen lukrativ vermieten.

Doch das Angebot hat einen Haken: Gefangenenimporte kommen bei der Bevölkerung – egal welchen Landes – nicht gut an. Und in Schweden stehen heuer Parlamentswahlen an. Die Regierung von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt wird sich das Angebot aus Oslo nicht zuletzt deshalb sehr gut überlegen.