Chronik/Welt

"Mordfälle" Rasen und Rauchen

Das Bundesgericht in Karlsruhe hat entschieden: Zwei Berliner Raser, die sich ein illegales Autorennen geliefert hatten, wurden zu unrecht wegen Mordes verurteilt. Sie hatten den Tod eines Unbekannten in Kauf genommen als sie vor zwei Jahren mit bis zu 170 km/h durchs Stadtzentrum und über den Kurfürstendamm gerast waren. Doch das erste "Mordurteil" mit lebenslangen Haftstrafen wurde am Donnerstag von Karlsruhe kassiert. Also kein Mord, weil der Vorsatz fehlt.

Auch in den Niederlanden wird derzeit versucht Mord ohne Vorsatz als Mord durchzubringen. Derzeit kämpfen Ärzte, Krebsforscher und Anwälte dafür, Tabakmanager vor Gericht zu bringen. Die Tatvorwürfe lauten: Betrug, schwere Körperverletzung – und Mord. Die Rechtsanwältin Benedicte Ficq hat namens einer an Lungenkrebs erkrankten Patientin Strafanzeige erstattet. Dieser Anzeige haben sich nun alle Uni-Kliniken und wichtigen Spitäler angeschlossen.

Rote Ampeln ignoriert

Viele Juristen denken, dass der Vorsatz zum Mord in einigen speziellen Fällen aus dem Gesetzbuch gestrichen gehört. Wie im Fall der Berliner Raser, die zum Tatzeitpunkt 24 und 26 Jahre alt waren.

Das Berliner Landgericht war überzeugt, dass die Sportwagenfahrer zwar niemanden vorsätzlich töten wollten, aber mögliche tödliche Folgen billigend in Kauf nahmen. "Es ging um den Kick und das Ansehen in der Raser-Szene", hieß es im ersten Urteil. Ihre Anwälte gingen in Berufung. Nach dem Spruch der obersten Richter in Karlsruhe können die beiden Raser nun mit wesentlich milderen Strafen rechnen. Denn bei einer fahrlässigen Tötung reicht der Strafrahmen von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft.

Trotz des Urteils des Bundesgerichtshofs können Raser prinzipiell als Mörder verurteilt werden, wenn der Vorsatz nachgewiesen ist. Es kommt jedoch immer auf den Einzelfall an. Auch können Teilnehmer an illegalen Autorennen neuerdings mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Das Strafgesetzbuch wurde nach dem Berliner Fall verschärft – diese Regelung kann für die beiden Berliner aber nicht mehr angewandt werden.

Im Fall eines Motorradfahrers aus Bremen, der in der Bikerszene als "Alpi" bekannt war und einen Fußgänger überfahren hat, haben die Karlsruher Richter das Urteil der Vorinstanz bestätigt. Der zur Tatzeit 23-Jährige war wegen fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. In den Monaten vor dem Unfall hatte er Videos ins Netz gestellt auf denen riskante Manöver und Beinaheunfälle zu sehen sind. Sein Youtube-Kanal hatte mehr als 80.000 Abonnenten.

In den Niederlanden stellt sich die Frage, ob man Managern Mord anhängen kann, die in "einem legalen Industriezweig" arbeiten. Doch in dem Land, wo Kiffen erlaubt ist, verlangen viele, dass Zigaretten verboten werden. Die Gruppe der Anti-Raucher wird immer radikaler.