"El Chapos" Frau ist auch weg
Von Susanne Bobek
Manche nennen den 60-jährigen Joaquín Guzmán den "Steve Jobs des Kokains", die meisten aber nur "El Chapo". Der italienische Mafia-Experte Roberto Saviano, Autor des Buches "Gomorrah", hält das Sinaloa-Kartell für ein kriminelles "Wirtschaftsunternehmen". "Die Mafia kann ohne die Politik nicht existieren, aber in Regionen, in denen sie dominiert, kann die Politik nicht ohne die Unterstützung der Mafia existieren."
Das erklärt die Flucht von "El Chapo" (des Kleinen) durch einen 1500 Meter langen Tunnel aus einem angeblichen Hochsicherheitsgefängnis am 11. Juli. Erst 18 Stunden nach der Flucht wurde Alarm gegeben.
Das erklärt aber auch die Frauengeschichten von Joaquin Guzman – und die fieberhafte Fahndung nach seiner 25-jährigen Gemahlin Emma Coronel Aispuro, die er an ihrem 18. Geburtstag vor bald acht Jahren geheiratet hat.
Die Tochter eines kleineren Drogenbarons ist wie ihr Gatte verschwunden. Sie gefiel dem mächtigen Herren des Sinaloa-Kartells bei einer Party ihres Vaters so gut, dass sie erstaunlicherweise sofort bei einem Schönheitswettbewerb zur Miss "Gran Feria del Café" gekrönt wurde und zum Krönchen eine Sinaloa-Schärpe bekam.
Aufgrund ihrer Herkunft kennt Emma ihre Verpflichtung zur absoluten Loyalität. Guzmán hatte auch Freundinnen, die das nicht so genau beachtet hatten. Eine wurde in einem Gefängnis ermordet. Denn auch dahin reicht die Macht der Kartelle.
50 Millionen Dollar Bestechungsgeld habe Guzmán die Flucht gekostet, spekuliert Jhon Jairo Velásquez, genannt "Popeye", ein ehemaliger Handlanger des kolumbianischen Drogenkönigs Pablo Escobar. Die Frage ist , wer auf seiner Gehaltsliste stand.
Guzmán erste Flucht 2001 in einem Wäschewagen hat es womöglich so nie gegeben. Die Journalistin Anabel Hernández belegt in ihrem Buch "Narcoland", dass "El Chapo" erst Tage nach seiner angeblichen Flucht in Polizeiuniform aus dem Gefängnis marschierte. Eskortiert wurde er dabei von jenen Polizisten, die gekommen waren, um seine Flucht aufzunehmen.
Heute schließt sie nicht aus, dass der Tunnel nur zur Ablenkung gegraben und "El Chapo" sehr viel bequemer entkommen konnte.
Der Drogenbaron hat, wenn überhaupt, nur eine Schwachstelle. Das sind seine dreijährigen Töchter María Joaquina und Emali Guadalupe. Die Zwillinge sind mit ihrer Mutter Emma verschwunden. Wegen der Zwillinge konnte der Milliardär im Februar 2014 in der Küstenstadt Mazatlán verhaftet werden. Warum er nicht geflüchtet sei, sollen ihn die Ermittler gefragt haben, als ihm die Handschellen angelegt wurden. Seine Antwort: "Dann hätte ich meine beiden Mädchen nicht sehen können."