Chronik/Welt

Lebenslange Haft für Raser: "Auch in Österreich möglich"

Zum ersten Mal wurden in Deutschland zwei Autoraser wegen Mordes (nicht rechtskräftig) verurteilt. Hamdi H. (28) und Marvin N. (25) hatten sich im Februar 2016 am Berliner Kurfürstendamm ein privates Rennen geliefert. Einer von ihnen rammte mit rund 160 km/h einen Jeep, ein 69-jähriger Pensionist wurde dabei getötet. Eine im Prozess befragte Verkehrspsychologin hatte einen der Verurteilten als Autofahrer beschrieben, der "massiv selbstüberschätzend" unterwegs gewesen sei. Bei dem Rennen sei es ihm darum gegangen, "zu gewinnen und dadurch sein Ego aufzuwerten".

"Bedingter Vorsatz"

Die Anklage hatte im Prozess argumentiert, die Männer hätten bei ihrem Rennen zwar niemanden vorsätzlich töten wollen, aber mögliche tödliche Folgen billigend in Kauf genommen. Juristen nennen das einen "bedingten Vorsatz", der für ein Mordurteil ausreichend ist.

Die Verteidiger hatten hingegen eine Strafe wegen fahrlässiger Tötung für den einen Fahrer und wegen Gefährdung des Straßenverkehrs für den anderen gefordert. Sie argumentierten, der Vorsatz, an einem illegalen Rennen teilzunehmen, sei nicht mit einem Tötungsvorsatz gleichzusetzen. Ihnen würde "bei so einer Fahrt das Risiko nicht in den Sinn kommen". Auf fahrlässige Tötung stehen bis fünf Jahre Haft.

Wie beim Amokfahrt in Graz

"Die Rechtslage ist mit der in Österreich vergleichbar, so ein Prozess wäre auch bei uns möglich", sagt Helmut Fuchs, Strafrechts-Professor an der Uni Wien. Er zweifelt aber an, ob das Urteil in der nächsten Instanz hält. "Nur einfach durch die Gegend zu rasen, das reicht nicht. Ich muss eine Person gesehen haben und trotzdem weitergefahren sein", erklärt der Experte. In Deutschland ist es aber so, dass das Urteil entsprechend begründend werden müsse, in Österreich nicht. Das würde auch Einsprüche erschweren. Ein vergleichbares Urteil mit Deutschland gab es sogar schon in Österreich – bei dem Amokfahrer in Graz wurde dies angewendet. Hier ist aber der Mordvorsatz eher zu erbringen gewesen.

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Am Sinn eines solch harten Urteils zweifeln Experten allerdings. "Ich halte solche Road Runner für höchstgefährlich und man sollte alles tun, um so etwas zu unterbinden", sagt Verkehrspsychologe Gregor Bartl. "Aber aus allen Studien wissen wir, dass die Härte der Strafe wenig Auswirkung hat. Eine generalpräventive Wirkung wird es mit so einem Urteil nicht geben."

Meist mildere Urteile

Urteile aus der Vergangenheit zeigen, dass Haftstrafen für Raser eine Seltenheit sind in Österreich, unbedingte Strafen gibt es meist nur bei Alkohol am Steuer. Eines der härtesten Raser-Urteile stammt aus dem Dezember 2015 als ein 26-jähriger Autofahrer mit 117,5 km/h einen Fußgänger tötete. Der Lenker erhielt 15 Monate unbedingt – allerdings hatte er auch keinen Führerschein und bereits vier Vorstrafen.