Chronik/Welt

Kinderzimmer ohne Aussicht

Ein schmutzverkrustetes, kleines Kind mit dem Gesicht eines müden Erwachsenen steht vor der Hütte und schaut. Es blickt auf die Erde, auf Abfälle, auf den betrunkenen Vater, auf die abwesende Mutter, auf die Geschwister, die nicht mehr weinen können, nur in die Zukunft blickt es nicht. Es hat keine.

Die Unterkunft des kleinen Kindes Hütte zu nennen, wäre eine Beleidigung für alle Hütten, es ist eine Behausung, ein einzelner Raum, in dem sieben Personen Platz finden. Platz finden müssen.

Die Wände sind aus Zeitungen, Styropor, Ästen, verrottetem Wellblech zusammengezimmert, ein Bett, ein winziger Ofen, der der Kälte niemals Herr werden kann und die Empfindung des Frostes in der Luft und in der Gesellschaft noch weiter verstärkt. Armut, Ekzeme, Hoffnungslosigkeit.

Wenn man durch die Romaviertel in Bukarest geht, hat man das Gefühl, nur der Wind hat Erbarmen, er zügelt seine Kraft, hält inne, bremst vor den schiefen Unterkünften, erstaunt, dass man so wenig Leben vom Leben haben kann, lässt sie stehen und lenkt seine Energie in die Innenstadt, wo sie niemandem etwas anhaben kann.

Das Kind schaut noch immer und es wird während unseres gesamten Besuches in der gleichen Stellung verharren. Nichts hält seinen Blick, es schaut durch uns hindurch und erst am Schluss, als man sich anschickt zu gehen, greift es die erstbeste Hand, die sich ihm da aus dem gesegneten Ausland entgegenstreckt.

Ein Mann und ein Kind

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Da steht dann dieser massige Mann, der zu Hause ein Imperium aufgebaut hat, eine riesige und eine winzige Hand, in beiden Gesichtern spiegelt sich eine Mischung aus Verzweiflung und Zuversicht, Fassungslosigkeit und Mut und plötzlich wird durch dieses Kind etwas deutlich, das einem immer nur als abstrakter Begriff geläufig war, ein Hoffnungsschimmer wird körperlich spürbar, gleitet über das schmutzige Gesicht und das Kind lächelt leise.

Concordia“ ist eine beeindruckende Hilfsorganisation, die sich in Bulgarien, der Republik Moldau und Rumänien Hilfsbedürftiger angenommen hat. Wer sich über die Grenzen Österreichs aufmacht und das Glück hat, diese Menschen bei der Arbeit beobachten zu dürfen, wird reich beschenkt nach Hause zurückkehren.

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Es ist diese Vielzahl von kleinen Ereignissen, es sind Gesten, Blicke, Umarmungen, die sich festgesetzt haben, es ist der alte, zerlumpte, zahnlose Mann, den das Schicksal und der Alkohol in den Straßengraben geworfen haben, und seine Unsicherheit, als ihm der „Concordia“-Gründer Pater Georg Sporschill auf die Beine hilft, ihm einen Laib Brot anbietet und ihn in ein Haus bittet.

Und dann sind es immer wieder die Kinder, die barfuß durch den Morast eilen, eine löchrige Hose, ein zerschlissenes Hemd und als Kontrast dazu eine feuerrote, schnittige Wollmütze aus einem Spendencontainer, auf der „Kitzbühel“ steht.

Bilder im Kopf

Schon will man zum Fotoapparat greifen und diese Gegensätzlichkeit, dieses einprägsame Nebeneinander von sehr arm und sehr reich, für immer festhalten und dann denkt man sich, dass es dem Kind vielleicht nicht recht sein wird, ungefragt fotografiert zu werden, also speichert man das Bild in seinem Kopf ab, aus dem es nicht mehr herausgehen wird.

Man besucht Pater Sporschill unweit von Sibiu, wo er unter Mithilfe von Ruth Zenkert ein weiteres Zentrum der Nächstenliebe begründet hat, ein Sozialzentrum, ein Badehaus, eine Musikschule und immer wieder lächelnde Kinder, die zum ersten Mal in ihren jungen Jahren erahnen können, was ein Zuhause sein kann.

Dann Bukarest, die pulsierende Hauptstadt, und in der Peripherie das Romaviertel, ein Hort der Hoffnungs- und Arbeitslosigkeit, dicht besiedelt von dünnen Kindern und ausgemergelten Großeltern, die einen haben keine Zukunft, die anderen hatten keine.

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Weiter zu der Farm der Kinder, einfache Häuser, einfaches Essen, zum ersten Mal eine Waschgelegenheit, eine eigene Decke, Zuneigung und Wohlwollen.

Mittlerweile gibt es unter anderem Berufsschulen, eine Tischlerei und eine Bäckerei. Und es gibt Ulla Konrad, Vorstand von „Concordia Sozialprojekte“, die gemeint hat: „Wir gehen dorthin, wo die Not am größten ist.“

Bald wird man wieder zu Hause sein, die übertemperierte Heizung zurückdrehen und den angebotenen Punsch dankend ablehnen, weil zu viel Zucker drinnen ist. Dann wird man in die Einkaufstraßen stürmen, Parfums und Küchenmaschinen kaufen und sich plötzlich bewusst werden, dass es eigentlich nichts Wertvolleres gibt, als Hoffnung zu schenken.

Die Projekte

CONCORDIA Sozialprojekte wurde 1991 von P. Georg Sporschill SJ gegründet. Gemeinsam mit Ruth Zenkert und engagierten Mitarbeiterinnen vor Ort entwickelte er in den folgenden Jahren aus dem kleinen Sozialprojekt eine Organisation, die 1000 Kinder und Jugendliche in Rumänien, Bulgarien und in der Republik Moldau (und zusätzlich Tausende alte Menschen) betreut.2012 zog sich der Gründer aus der operativen Verantwortung bei CONCORDIA zurück. Es wurde ihm dadurch möglich, in Rumänien/Siebenbürgen, in der Nähe von Sibiu, gemeinsam mit Ruth Zenkert, das Projekt ELIJAH zu gründen. Seine CONCORDIA- Gründungen weiß er in guten Händen.

www.concordia.or.at

PS CONCORDIA Sozialprojekte

IBAN: AT 66 3200 0000 07034499

BIC/SWIFT: RLNWATWW