Pestizidrückstände im Trinkwasser
Italienische Umweltschützer schlagen Alarm: Pestizide haben in den Gewässern stark zugenommen. In 65 Prozent der Wasserproben aus Seen, Flüssen und Bächen wurden massive Rückstände an Pestiziden gefunden. Kopfzerbrechen bereitet der staatlich-italienischen Umweltbehörde Ispra vor allem die gestiegene Belastung im Grundwasser. In sieben Prozent der Fälle sind die Wasserproben wegen der Gesundheitsbelastung als nicht mehr trinkbar einzustufen.
Mit diesen Zahlen schlägt der neue Ispra-Untersuchungsbericht Alarm. Im Fokus steht dabei das Pestizid Glyphosat, das in der Landwirtschaft zur Unkrautvernichtung eingesetzt wird. Es steht auch in Zusammenhang mit dem Bienensterben und gilt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) als krebserregend und allgemein gesundheitsschädigend.
Im Juni soll in Brüssel über ein Glyphosat-Verbot entschieden werden: Die EU-Behörde hielt den Stoff bisher für unbedenklich, obwohl Forscher in Studien zu deutlich anderen Ergebnissen kamen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die EU dem Druck der Chemie-und Agrarindustrie gebeugt und die Grenzwerte für Pestizide kontinuierlich erhöht – teilweise bis um das 100-Fache.
Besonders groß ist die Verschmutzung in der Po-Ebene im Großraum Venedig – das liegt unter anderem auch daran, dass in dieser Gegend besonders regelmäßig Wasserproben entnommen wurden.
Kalabrien ohne Probe
Umweltexperten fürchten, dass die Situation in Süditalien weit schlimmer ist. Regionen wie Kalabrien und Molise etwa schickten keine einzige Wasserprobe an die staatliche Kontrollbehörde. Kalabrien geriet wiederholt wegen dramatischer Umweltsünden in Verruf. Angefangen vom Atommüll, den die kalabresische Mafia Ndrangheta im Mittelmeer versenkt hat, bis zu radioaktiven Mülldeponien unter der Erde, was zu verseuchten Obst-, Gemüse- und Milchprodukten aus der Gegend führt.
Auch vermehrte Rückstände von Insektiziden und Fungiziden – Mittel, die in der Landwirtschaft zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden – wurden im Trinkwasser gefunden. Der Verkauf von Pestiziden ist in den vergangenen 15 Jahren zwar um 12 Prozent gesunken. "Für den Abbau dieser Substanzen ist allerdings ein sehr langer Zeitrahmen notwendig, besonders bei Stoffen, die in das Grundwasser gelangten", räumt Ispra ein.