Chronik/Welt

Proteste gegen Pipeline: High Noon in Cannon Ball

Und wieder ein Räumungsbescheid. Und wieder die Ungewissheit: Seit Monaten harren Aktivisten in drei Camps nahe der Stadt Cannon Ballin North Dakota aus. Hier soll die "Dakota Access Pipeline" durchführen, geht es nach den Betreibern. Es ist ein festgefahrener Konflikt, in dem sich nach immer und immer wieder kehrenden Eskalationen keine friedliche Lösung abzeichnet. Mittlerweile haben die Behörden in der Region Spezialkommandos der Polizei und Nationalgarde zusammengezogen. Auch private Sicherheitsdienste der Betreiberfirma sind vor Ort. An den Konfliktlinien sind Panzerfahrzeuge postiert und immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen.

Der Wille der Pipeline-Gegner aber ist ungebrochen. Der Gouverneur der Region, Jack Dalrymple, war noch am Mittwoch darum bemüht, zu beschwichtigen. Bei dem Räumungsbescheid gehe es doch vor allem darum, die Protestierenden vor den sich verschlechternden Wetterbedingungen (vorhergesagt werden –14 Grad) zu schützen. Der Stamm der Standing Rock Sioux, durch deren Gebiet die Pipeline verlaufen soll und der das Rückgrat der Protestbewegung bildet, veröffentlichte postwendend ein Statement: Der Gouverneur und der Sheriff der Region seien relativ neu in der Gegend, es sei "verständlich, dass sie sich Sorgen machen wegen harscher Winterbedingungen." Die Sioux lebten aber seit tausend Jahren in der Region, ohne, dass sich ein Staat oder eine Regierung um sie Sorgen hätte machen müssen.

2000 Veteranen

Dem Protest der Sioux haben sich längst andere Stämme angeschlossen. Es handelt sich um die größte gemeinsame Aktion der amerikanischen Ureinwohner seit 1920. Hinzu kommen Tausende Umweltaktivisten und seit Freitag auch 2000 Armee-Veteranen, die sich der Bewegung als menschliche Schutzschilde anboten.

Am Donnerstag hatte der designierte US-Präsident Donald Trump erstmals die Proteste erwähnt und sich für den Fertigbau der Pipeline ausgesprochen. Zugleich sagte er, er und sein Team würden friedlichen Protest unterstützen. Dann aber machte er klar, wem seine Sorge gilt: Er hoffe, dass es den Behörden gelingen werde, den Protest weiter zu schützen. Das klingt einigermaßen verwunderlich nach Berichten über ausschweifende Gewaltanwendung durch Behörden und private Sicherheitsdienste.

Daher auch der Druck seites der Sioux sowie von NGOs wie Greenpeace, auf eine rasche Lösung. Denn, so Harmony Lambert von Greenpeace, die selbst immer wieder in North Dakota ist und dem Chumash-Stamm angehört: Unter der neuen Administertion werde eine Beilegung der Konflikts schwieriger werden. Sie glaubt, dass das Pipeline-Projekt bereits tot ist - weil zahlreiche Investoren ihre Beteiligungen zurückziehen werden. Und letztlich, so sagt sie, habe man nicht nur sehr viele Menschen sondern auch Institutionen in den USA auf der eigenen Seite. Die Eskalationen führt sie auf eine völlig übermilitarisierte Polizeitruppe vor ort hin. Die Natur des Protestes sei strikt gewaltfrei.

Laut den Sioux verläuft die geplante Route der Pipeline quer durch gleich mehrere heilige Stätten und gefährdet durch mehrere Fluss-Querungen und eine Fluss-Unterführung zudem die Wasser-Ressourcen des Reservats. Das besonders ärgerliche daran: Es handelt sich bereits um eine Alternativ-Route. Die ursprünglich geplante Strecke hätte an dem Reservat vorbeiführen sollen, war aber an einer Bürgerinitiative und wegen der Nähe zu wichtigen Wasser-Ressourcen der Stadt Bismarck abgelehnt worden. Und auch für die alternative Route gibt es nur unzureichende Genehmigungen. So hatten Justizministerium, Heeresamt und Innenministerium explizit keine Genehmigung für den Bau gegeben. Weitergebaut wurde dennoch. Was noch fehlt ist nur ein kleines Teilstück.

Harmony Lambert sagt: "Was auch immer mit der Pipeline passieren wird, was bleiben wird ist die beispiellose Einheit der Stämme, die der Dakota-Protest gebracht hat." Und diese Stärke, diese Einigkeit, die werde bleiben.