Chronik/Welt

Aufklärung im Frisiersalon

Aminata Kouma ist 35, verheiratet und hat vier Kinder. Das Zimmermädchen aus dem westafrikanischen Guinea ist derzeit arbeitslos, ihr Mann verdient nur wenig. Geld ist knapp, die Schulgebühren sind hoch. "Ich will nicht noch mehr Kinder", sagt Kouma, "aber bisher wusste ich nicht, wie."

Dass sie es jetzt weiß, liegt an Tata und Mbalia Sylla, Inhaberinnen eines Frisiersalons in Guineas Hauptstadt Conakry. Während ihre Mitarbeiterinnen die Haare der Kundinnen stylen, sprechen sie mit diesen nicht nur über das Wetter oder Lebensmittelpreise, sondern auch über Verhütung. Geschult wurden die Frauen von Jhpiego, einer Gesundheitsorganisation, die mit der Johns Hopkins Universität in den USA zusammenarbeitet.

Das Projekt, von dem die britische Zeitung The Guardian jüngst berichtete, wurde im Jahr 2012 in fünf Salons in Conakry gestartet. Ausgewählt wurden vor allem Friseure, die die traditionellen Zöpfchen flechten – nicht nur, weil das mindestens drei Stunden dauert. "Eine Frau, die ihr Haar chemisch glätten lässt, hat in der Regel mehr Geld und mehr Zugang zu Information", erklärt Yolanda Hyazi, die Direktorin von Jhpiego.

Erfolgreiches Projekt

Das Aufklärungsprojekt ist nach einem Einbruch infolge der Ebola-Epidemie 2014 inzwischen so erfolgreich, dass es auf die sieben größten Städte Guineas ausgeweitet werden soll.

Und das ist dringend nötig: Laut UNO nützten im Jahr 2015 nur 7,5 Prozent der verheirateten oder in einer Partnerschaft lebenden Frauen Verhütungsmittel, durchschnittlich hat eine Frau fünf Kinder. Auf dem Land wurde schon viel in Aufklärung investiert, die Städte hinken hinterher.

Verhütungsmittel sind in Guinea verpönt. Früher zogen Frauen nach Geburten für einige Zeit in ihr Elternhaus zurück, um die Kinderzahl zu begrenzen. Frauen, die verhüten, wird unterstellt, sie würden ihren Mann betrügen. "Viele verschweigen daher, wenn sie die Pille nehmen", sagt Yolanda Hyazi.

Über andere Verhütungsformen neben Pille und Kondom wissen die meisten Frauen nicht Bescheid. Deshalb klären die Friseurinnen – meist sind es Lehrlinge – sie auf über Dreimonatsspritzen, Hormonimplantate oder natürliche Verhütung durch Ermittlung der fruchtbaren Tage.

Auch in Schneidereien

Um noch mehr Frauen und auch Männer zu erreichen, sollen in Kürze Schneidereien in das Aufklärungsprogramm aufgenommen werden. "Frauen verbringen oft den ganzen Tag dort, probieren neue Kleider immer und immer wieder an", erklärt Hyazi. Genug Zeit für Gespräche also. Und: "Zu Schneidern gehen auch viele junge Männer."

Aminata Kouma verhindert neuerliche Schwangerschaften inzwischen mit Hormoninjektionen – und ist glücklich damit.