Chronik/Welt

Gladbeck-Geiselnehmer wird auf ein Leben in Freiheit vorbereitet

Das Gladbecker Geiseldrama vom 16. bis 18. August 1988 schockte Deutschland. 25 Jahre später will Dieter Degowski, einer der beiden Täter, aus der Haft freikommen. Am Mittwoch prüfte ein Gericht im Gefängnis der westfälischen Stadt Werl den Antrag 57-Jährigen. Das Ergebnis: Eine kurzfristige Haftentlassung wird es – wie erwartet – nicht geben. Degowski soll erst einmal auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden.

Dieter Degowskis Anwältin Lisa Grüter sagte, die zuständige Kammer habe deutlich gemacht, „dass jetzt endlich die Entlassungsvorbereitung losgehen muss.“ Das Gericht bestätigte, dass Degowski durch Lockerungen im Strafvollzug auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden soll. Dies sei aber mit Sicherheit ein mehrjähriger Prozess. Ihr Mandant sei schon „froh, dass er nun eine Chance auf Freiheit hat“, sagte Grüter. Seine Mindesthaftzeit hat er verbüßt.

Dieter Degowski hatte am 16. August 1988 mit seinem Komplizen Hans-Jürgen Rösner eine Bank überfallen und war danach mehrere Tage durch Deutschland und die Niederlande geflüchtet. In Bremen kaperten die Gangster einen Linienbus und nahmen rund 30 Geiseln. Die Täter erschossen nach langem Nervenkrieg zwei Geiseln; auch ein Polizeibeamter starb. Vor dem 25. Jahrestag des Verbrechens, das auch wegen der schwerwiegenden Fehler der Polizei bis heute nachwirkt, hatten sich Angehörige der Opfer gegen eine Freilassung ausgesprochen.

„Immer noch Angst“

Die Italienerin Tatiana de Giorgi, deren 15-jähriger Bruder Emanuele von Degowski erschossen wurde, kritisierte eine mögliche Freilassung. Emanuele de Giorgi hatte sich in dem gekaperten Bus schützend vor seine damals achtjährige Schwester gestellt. Ines Falk, 43, deren Freundin Silke Bischoff von Rösner getötet wurde, sagte, sie habe „immer noch Angst, dass eines Tages einer der Gangster vor meiner Tür steht“.

Während Rösner als Kopf des Verbrechens gilt, wird Degowski als Mitläufer bezeichnet. In der Haft schloss er eine Kochlehre ab. Degowski wirkt zumindest therapiewillig; Rösner verweigert jede Therapie. Seine Entlassung wird erstmals 2016 geprüft.