Chronik/Welt

Gefundene Black Box brachte noch keine Erkenntnisse

Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen, bei dem alle 150 Passagiere und Crewmitglieder ums Leben kamen, wird fieberhaft nach der Ursache gesucht. Die Staatsanwaltschaft von Marseille nahm Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung auf; die Flugüberwachung habe kurz vor dem Unglück vergeblich versucht, Kontakt zu dem Airbus herzustellen. Auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet.

Stimmenrekorder gefunden

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Erste handfeste Informationen erwarteten die Ermittler von einem gefundenen Flugschreiber. Eine Black Box besteht aus zwei Systemen: einem Stimmenrekorder, der Gespräche im Cockpit aufzeichnet; und einem Datenrekorder, der Informationen wie Fluggeschwindigkeit oder Flugrichtung speichert. Bei dem gefundenen Gerät handelt es sich um Ersteres.

Die französische Untersuchungsbehörde BEA hat auswertbare Daten aus dem ersten Flugschreiber sicherstellen können. Es sei aber noch nicht möglich, die geringste Erklärung für den Absturz zu geben. In ihrem letzten Kontakt hätten die Piloten des Airbus 320 eine Routine-Mitteilung gemacht.

Die Hülle einer zweiten Black Box wurde ebenso mittlerweile gefunden, aber ohne Speicherkarte. Also sei auch aus diesem Fund keine verwertbare Information zu ziehen. Die Behörden sind aber zuversichtlich, dass der Rest der Black Box noch intakt gefunden werde.

Die Suche nach der Ursache: Bilder aus den französischen Alpen sehen Sie hier.

Nationalitäten

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72 Deutsche und 35 Spanier waren an Bord, außerdem Menschen aus Großbritannien, Kolumbien, Mexiko, Japan, Dänemark, Israel, Argentinien, Iran, Venezuela, den Niederlanden, Belgien, den USA und Australien, verkündet die Lufthansa am Mittwoch. Aus Österreich war niemand an Bord.

Unter den Opfern sind auch zwei Babys und eine komplette Schulklasse (mehr dazu hier). Auch der Bassbariton der Deutschen Oper am Rhein, Oleg Bryjak, und die junge Altistin Maria Radner, die in Bayreuth hätte debütieren sollen, sind unter den Opfern. Die Sängerin war nach Medienberichten mit ihrem Mann und ihrem Baby an Bord der Maschine (mehr dazu hier).

Die Trauer in Frankreich, Spanien und Deutschland ist groß; allerorten werden Angehörige psychologisch betreut. Spanien hat eine offizielle Trauer von drei Tagen angeordnet. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist heute in die Region geflogen. Zusammen mit Hollande und Mariano Rajoy hat sie ihre Trauer in einer Pressekonferenz kundgetan.

Die Lufthansa will Hinterbliebene an diesem Donnerstag mit Sonderflügen nach Südfrankreich bringen. Geplant seien Verbindungen von Düsseldorf nach Marseille sowie von Barcelona nach Marseille, sagte Lufthansa-Vorstandschef Spohr. Einige sind auch bereits am Absturzort angekommen.

Wie geht es für Angehörige weiter? Mehr dazu lesen Sie hier.

Opfer noch nicht geborgen

Nach einer nächtlichen Zwangspause laufen seit dem frühen Morgen wieder die Bergungsarbeiten: Hunderte Polizisten und Feuerwehrleute operieren von Seyne-les-Alpes aus, 65 Bergungskräfte sind zu Fuß in das Gebiet unterwegs. Die Trümmerteile der Maschine sind auf zwei Quadratkilometer im hochalpinen Gelände verstreut. "Alles ist pulverisiert. Man kann nichts mehr auseinanderhalten. Man sieht nichts, man kann nicht einmal ein Flugzeug darin erkennen", sagte Feuerwehr-Leutnant Eric Sapet gegenüber Le Monde.

Opfer sollen heute noch nicht geborgen werden, wie Rettungspilot Xavier Roy am Einsatzort sagte. Wichtig sei zunächst, den zweiten Flugschreiber zu finden. Außerdem werde das Absturzgebiet weiter gesichert. Die Rettungsmannschaften versuchten aber, die Körper der Opfer zu finden. Dazu würden auch zahlreiche Fotos von der Unfallstelle gemacht.

"Technisch einwandfrei"

Lufthansa und das Tochterunternehmen Germanwings riefen weltweit ihre Mitarbeiter, um 10.53 Uhr eine Schweigeminute einzulegen. Am Tag zuvor war der Kontakt der Flugsicherung mit dem Germanwings-Airbus um dieselbe Zeit abgebrochen.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr spricht in Frankfurt am Main von einem "sehr emotionalen Moment". "Es ist uns unerklärlich, wie so etwas einem technisch einwandfreiem Flugzeug mit erfahrenen, bei der Lufthansa geschulten Piloten passieren konnte", erklärt Spohr.

AUA hilft Germanwings

Einen Tag nach dem Absturz hat Germanwings nach eigenen Angaben nur einen einzigen Flug gestrichen. Dies sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft am Mittwoch in Köln. Ihren Flugbetrieb stemmt die Linie mit Hilfe der Konkurrenz. Neben der Germanwings-Mutter Lufthansa stellten auch Air Berlin, Tuifly und andere Fluglinien ihre Maschinen zur Verfügung.

Am Dienstagabend war auch die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki zur Unterstützung für Germanwings im Einsatz.

Auch die Austrian Airlines hilft im Konzernverbund mit. 30 AUA-Mitarbeiter sind im Call-Center für die Betreuung der Angehörigen eingesetzt. 30 weitere Mitarbeiter, vor allem spanisch und französisch Sprechende, sind derzeit unterwegs zu den Familien-Zentren in Düsseldorf, Barcelona, Marseille und an der Absturzstelle.

Die AUA hat die für Donnerstag Abend geplante Präsentation der neuen Uniformen, des Flugzeugdesigns und der neuen Strategie zudem abgesagt. Die Flugbegleiter und Piloten werden ab 2016 neu ausstaffiert.

Ein Video im Internet zeigt die Absturzstelle:

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Das große Rätselraten um die Absturzursachen des Germanwings-Fluges 9525 hat begonnen. Die Lufthansa hatte am Abend bestätigt, dass die Unglücksmaschine am Montag in Düsseldorf mehrere Stunden mit technischem Defekt (vordere Landeklappe) am Boden geblieben war; der Defekt sei aber beseitigt worden. Airline-Chef Carsten Spohr schloss einen Zusammenhang zwischen dem Absturz und der Reparatur aus: "Das Flugzeug war in hervorragendem technischen Zustand", sagte er über den verunglückten Airbus A320.

"Es gibt für mich zwei Erklärungen", sagt der Ex-Flugunternehmer und Pilot Niki Lauda. "Entweder es hat einen Druckverlust im Flieger gegeben und die Piloten haben einen kontrollierten Not-Sinkflug eingeleitet, oder das Flugzeug selbst hat einen technischen Sinkflug ausgelöst." Ein Druckverlust könne u.a. durch ein Loch in der Cockpit-Scheibe entstehen. Bei Druckverlust beträgt die Not-Sinkflugrate 900 bis 1200 Meter pro Minute und endet bei 4200 Metern. "Da ist der Druck im Flugzeug wieder so, dass man die Sauerstoffmasken abnehmen kann", weiß Lauda. Der Sinkflug müsse den Fluglotsen gemeldet werden, was nicht geschah.

"Man muss sich dann überlegen, wo fliege ich hin", sagt Lauda. "Es wäre kein Problem gewesen, ins Meer hinauszufliegen." Auch das wurde nicht gemacht. "Was bei der Germanwings komisch ist", sagt Lauda, "dass sie die Sinkflugrate so lange geflogen sind, bis sie in den Berg geflogen sind." Entweder haben die Piloten nicht rechtzeitig erkannt, dass diese Berge vor ihnen sind. Oder das Flugzeug hat selber einen technischen Sinkflug eingeleitet und hat dadurch die Piloten ausgeschaltet. Lauda: "Wenn du als Pilot nicht weißt, was du zu tun hast, um aus dieser Situation herauszukommen, fliegt der Flieger mit dir, aber du kannst nichts mit dem Flieger machen."

Der Flughafen Düsseldorf hat eine kostenfreie Hotline für Betroffene eingerichtet: 0049 / (0) 800-7766350

Auch das deutsche Außenamt hat eine Hotline eingerichtet: 0049 / (0) 30 5000 3000

Die Hotline von Germanwings lautet 0049 / (0) 1806 320 320