Chronik/Welt

Ausländerhass vor Flüchtlingsheim: "Raus, raus, raus!"

Am Dienstagabend sind 50 neue Flüchtlinge in der sächsischen Stadt Freital angekommen - Menschen aus Kriegsgebieten, die in der 40.000-Einwohner-Stadt Unterschlupf finden wollen, darunter mehrere Frauen mit kleinen Kindern. Begrüßt wurden sie alles andere als herzlich: Vor dem Asylheim, einem ehemaligen Hotel, warteten knapp 200 wütende Menschen auf die Flüchtlinge. Seit drei Tagen wird das Heim von Demonstranten belagert, die die Fremden dort nicht wollen.

Pegida-Parolen

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"Raus, raus, raus!", war eine der vielen Parolen, die vor dem Heim gerufen wurden. Angefeuert wird der Protest gegen die "kriminellen Ausländer", wie die Demonstranten schreien, auch von prominenten Personen:Pegida-Gründer Lutz Bachmann, der ganz in der Nähe wohnt, wettert auf Facebook gegen das Heim. Als am Montag bekannt wurde, dass die Unterkunft auch als Erstaufnahmeeinrichtung genutzt werden soll und insgesamt 280 Menschen beherbergen soll, schrieb er: "Das muss ein Ende haben! Auf die Straße Leute! Wehrt Euch!"
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Das Echo darauf war ein lautes. Vor dem Heim marschierten in den vergangenen Tagen nicht nur rechte, sondern auch linke Demonstranten auf. Flaschen flogen, am Montag wurde eine Autoscheibe mit einem Baseballschläger eingeschlagen, eine Person verletzt. Die Polizei schritt gestern mit mehr als 100 Beamten ein. Das Heim steht unter dauerhaftem Schutz.

"Schlimme Erinnerungen"


Sorgen bereitet dies der Politik, auch aus Berlin kamen mahnende Worte. "Wer bei uns Stimmung gegen Ausländer macht und Fremdenhass schürt, dem müssen wir entschlossen entgegentreten", sagte SPD-Justizminister Heiko Maas er am Donnerstag. Gewaltaufrufe gegen Flüchtlinge seien völlig inakzeptabel, sagte auch die Migrations-Beauftragte der Regierung, Aydan Özoguz. "Es gibt ja vor Ort offensichtlich Menschen, die genau das wollen, aufwiegeln und eine bösartige Stimmung erzeugen. Das weckt durchaus schlimme Erinnerungen."

Zahlen belegen, dass die Stimmung sich gedreht hat. Wie die Sächsische Zeitung berichtet, wurden bis Ende Mai insgesamt 31 politisch motivierte Straftaten an oder in Asylwerberheimen im Bundesland verübt – die Tatbestände reichen von Brand- und Sprengstoffanschlägen über Körperverletzung bis zur Volksverhetzung. Zum Vergleich: 2012 gab es acht solcher Vorfälle, waren es im Vorjahr insgesamt bereits 44.

In Sachsen überlegt man nun, das ehemalige Hotel wieder zu räumen. Der zuständige CDU-Landrat Michael Geisler sagte der Sächsischen Zeitung: "Unter den aktuellen Bedingungen machen wir uns ernsthaft Gedanken, ob es nicht besser wäre, ganz aus dem Objekt rauszugehen."

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