Chronik/Welt

Pfleger als Massenmörder: "Es war Zufall, wer starb"

"Das Grauen hört nicht auf", sagt Johann Kühme am Mittwoch mit steinerner Miene. Die Pressekonferenz, die der Oldenburger Polizeipräsident anberaumt hat, dreht sich um einen Mann, der längst hinter Gittern sitzt: Vor mehr als einem Jahr war Niels H. bereits verurteilt worden, wegen Mordes an zwei Patienten; und bereits damals war dem Gericht klar, dass dies nicht die einzigen Taten des ehemaligen Krankenpflegers gewesen sein dürften.

Jetzt ist die Gewissheit da. Mehr als 33 Menschen soll der 39-Jährige auf den Gewissen haben – das hat die Polizei nun durch Exhumierungen festgestellt. Sie alle waren Patienten, die der ehemalige Pfleger in Oldenburg und Delmenhorst eigentlich hätte betreuen sollen, denen er aber aus "Heimtücke und niedrigen Beweggründen", wie das Gericht damals sagte, ein Herzmittel spritzte, das Kammerflimmern verursacht. Sein Grund: Niels H. wollte ein Held sein, den Kollegen seine Reanimationskünste vorführen – nur: oft scheiterte er damit. "Es war purer Zufall, wer überlebte und wer starb", sagte der Richter damals.

Parallelen zu Lainz

Wie viele Menschen in Summe auf diese Weise starben, ist ungewiss – die Polizei vermutet, dass die jetzt ermittelte Zahl nur die Spitze des Eisbergs ist. Bei Vernehmungen im Gefängnis hat er die Vorwürfe eingeräumt.

In der Verantwortung sehen die Ermittler auch die Kliniken, in denen Niels H. tätig war. Sie hätten zu oft weggesehen, aus Stress, aus Desinteresse. Gegen acht frühere Klinikverantwortliche wird ermittelt. Es spreche viel dafür, dass einige Morde hätten verhindert werden können, so die Polizei – eine Parallele, die der Fall mit den "Todesengeln" von Lainz hat: Auch bei der Mordserie zwischen 1983 und 1989 blieben die Taten der vier Hilfsschwestern unbemerkt. Sie ermordeten 42 Patienten.

Die beiden Haupttäterinnen wurden 2008 entlassen – darauf muss Niels H. lange warten: Ihm wird nun ein weiterer Prozess gemacht.