Niederlage für Natascha Kampusch vor Gericht
Natascha Kampusch hat vor dem Landgericht Köln eine juristische Niederlage erlitten. Die Österreicherin, die acht Jahre in der Gewalt eines Entführers war, hatte eine einstweilige Verfügung gegen das Buch „Der Entführungsfall Natascha Kampusch - Die ganze beschämende Wahrheit“ beantragt.
Doch die Pressekammer des Gerichts wies den Antrag am Mittwoch zurück. Kampusch muss die Kosten des Verfahrens tragen.
Die heute 28 Jahre alte Kampusch richtete sich gegen einen bestimmten Teil des Buches von Peter Reichard. Darin werden Videos beschrieben, die ihr Entführer Wolfgang Priklopil von ihr und sich gemacht hatte. Kampusch betrachtet diese Schilderung als eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.
Das Gericht hatte aber darauf hingewiesen, dass Kampusch in ihrem eigenen Buch ganz ähnliche Szenen beschrieben habe. "Wenn man das vergleicht und nebeneinanderlegt, dann war uns das eigentlich durchaus vergleichbar", hatte der Vorsitzende Richter Dirk Eßer in der Verhandlung im vergangenen Monat gesagt.
Buchautor von Klage überrascht
Buchautor Reichard hatte sich erstaunt über die Klage von Kampusch geäußert. Schließlich sei sein Buch "eine glühende Verteidigungsschrift" für sie, sagte er. "Der Zweck war, Natascha Kampusch von diesen ewigen Verschwörungstheorien zu befreien." Außerdem habe sie die Gelegenheit gehabt, das Buch vorher zu prüfen. "Diese Entscheidung des Gerichts ist aus meiner Sicht eine schallende Ohrfeige, die vordergründig das Entführungsopfer trifft, aber eigentlich seine Berater meint", sagte Reichard am Mittwoch.
In Kürze will Kampusch selbst ein neues Buch herausbringen: "10 Jahre Freiheit" soll es heißen, passend zum zehnten Jahrestag ihrer Flucht. Die einstweilige Verfügung war in Köln verhandelt worden, weil sie dort beantragt worden war. Wenn es um ein Buch geht, das überall frei verfügbar ist, kann der Kläger den Gerichtsort in Deutschland frei wählen.
Der Wiener Anwalt von Natascha Kampusch, Gerald Ganzger, betonte Mittwochnachmittag gegenüber der APA, dass er an dem Verfahren in Deutschland rund um das Buch zum Fall Kampusch nicht beteiligt sei. "Das macht ein deutscher Kollege, der mich heute über die Entscheidung informiert hat", sagte er. Zu der Abweisung der von Kampusch geforderten einstweiligen Verfügung gegen die Verbreitung des Buches liege noch keine schriftliche Begründung vor. Vor dem Ergreifen allfälliger Rechtsmittel werde man wohl die Begründung des Spruchs abwarten, sagte der Wiener Anwalt.