Chronik/Welt

Muslim soll Schützenkönig bleiben

Ein Muslim als Schützenkönig in Westfalen: Die vom Dachverband geforderte Abberufung des 33-jährigen Mithat Gedik schlägt Wellen bis Berlin. Gestern, Mittwochabend, tagte der Dachverband, der sich mit Diskriminierungsvorwürfen konfrontiert sieht, um in dem Fall zu entscheiden.

Erwartet wurde, dass Gedik Schützenkönig bleiben darf, nachdem sich Monsignore Robert Kleine, Präses des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), dafür ausgesprochen hatte: Er sehe kein Problem darin, dass Gedik sein Amt behalte, sagte Kleine. Zugleich verteidigte er aber die Statuten der Schützenbruderschaften, laut denen eigentlich nur Christen aufgenommen werden dürfen.

Mithat Gedik wird seit Beginn der Debatte in deutschen Medien als Musterbeispiel gelungener Integration gelobt. Geboren und aufgewachsen in Deutschland, Schulausbildung in Deutschland – der türkischstämmige Muslim wählte sogar katholische Religion als Maturafach. Er heiratete die Katholikin Melanie, mit der er vier – getaufte – Kinder hat. Die Familie lebt in Werl-Sönnern. Gedik, ein Kaufmann, ist in der freiwilligen Feuerwehr ebenso aktiv wie im Vorstand des örtlichen Schützenvereins.

Dass er den Glauben seiner Eltern behielt, störte niemanden. Bis er im Juli beim beim Schützenfest mitmachte – und den Titel gewann. Denn ein muslimischer Schützenkönig geht dem BHDS zu weit: Laut ihrer Satzung ist die Schützenbruderschaft eine "Vereinigung von christlichen Menschen". Weil Gedik kein Christ ist, solle er seine Königskette zurückgeben, hieß es.

In Bayern kein Thema

Bayerische Schützenvereine sehen in einem muslimischen Schützenkönig kein Problem – dort spielt die Religion keine Rolle. Doch Gediks Schützenbruderschaft St. Georg Sönnern-Pröbsting – eine katholische Bruderschaft – ist Mitglied im Bund des BHDS. Und die forderte Gediks Abdankung. "Die haben ihre eigene Satzung nicht gelesen", sagte Sprecher Rolf Nieborg und meint damit, dass Mithat Gedik überhaupt nicht Mitglied hätte werden dürfen.

Deutschlandweit hatte die Forderung, Mithat solle seinen Titel zurückgeben, für Empörung gesorgt. Wie berichtet, hat sich zuletzt auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in den Fall eingeschaltet. Leiterin Christine Lüders forderte den Schützenverband zu Toleranz und zu einem Umdenken auf: "Ich sehe nicht den geringsten Anlass dazu, in einem christlichen Verband wie Ihrem keine muslimischen Schützen zu dulden", betonte sie in ihrem Schreiben an den BHDS. "Aus meiner Sicht steht dies für eine intolerante und diskriminierende Haltung."

Es gibt keinen hohen kirchlichen Feiertag, an dem in Tirol nicht Hunderte Schützen ausrücken. Die christliche Prägung dieser Traditionsvereine ist Teil ihrer Identität. "Wir würden prinzipiell aber auch einen Moslem aufnehmen", sagt Landeskommandant Fritz Tiefenthaler. Die Frage sei vielmehr, ob ein Moslem nicht umgekehrt ein Problem mit seiner Mitgliedschaft hätte.

Denn ein Schütze muss sich zum Statut des "Bundes der Tiroler Schützenkompanien" bekennen. In einem Gelöbnis verspricht er "Treue zu Gott und dem Erbe der Väter", wenn er aufgenommen wird. "Und das Erbe der Väter ist der christliche Glaube", erklärt Tiefenthaler. Wenn ein Moslem dazu stünde und eine Kompanie ihn aufnehmen will, sei das kein Problem.

Südtirols Schützen argumentieren ähnlich. Ein Mitglied müsse mit der Satzung einverstanden sein, wird Christoph Walder vom dortigen Verband in der Tageszeitung Dolomiten zitiert. Die Statuten der Südtiroler Schützen sind allerdings noch eindeutiger auf das Christentum abgestellt. Dort ist auch vom "Festhalten am christlichen Glauben" die Rede. "Wenn jemand sein Moslem-sein halbwegs ernst nimmt, dann wird er sich nicht einsetzen für die Wahrung des christlichen Väterglaubens", sagt Walder.