Chronik/Welt

Christian Wulff rechnet mit den Medien ab

Der ehemalige deutsche Bundespräsident Christian Wulff, der im Februar 2012 zurücktreten musste, weil die Staatsanwaltschaft Hannover Ermittlungen gegen ihn eingeleitet hatte, macht jetzt Spiegel, Bild und Frankfurter Allgemeine Zeitung für seinen tiefen Fall verantwortlich. Im Spiegel-Interview sagt er: "Nach dem Freispruch hieße es dann: Na ja, rechtlich mag das alles in Ordnung sein – aber moralisch! Das erinnert mich an eine Jagdgesellschaft, die ein nicht zum Abschuss freigegebenes Tier erlegt und anschließend sagt: War trotzdem richtig, das Tier hatte sicher Tollwut."

Er wehrt sich auch "gegen das Klischee vom Schnäppchenjäger". Das hätten der Spiegel und seine Journalistenkollegen "gleich am Anfang meiner Amtszeit erfunden". Aber: "Natürlich war mein Ferienaufenthalt im Haus von Carsten Maschmeyer (AWD-Gründer und Verlobter von Veronica Ferres, Anm.) eine Steilvorlage für die Presse. Mir fehlte hier das Fingerspitzengefühl."

Als Konsequenz aus seinem Affäre fordert Wulff, dass die Regeln des deutschen Presserats überarbeitet werden, was am Montag vom Presserat umgehend zurückgewiesen wurde. Auch der Journalistenverband protestierte: In der Demokratie müssten Medien ihre Rolle als Wächter wahrnehmen. "Wer daraus im Nachhinein ein Medienkartell konstruiert, hat die Wirklichkeit aus dem Blick verloren", sagte der Vorsitzende Michael Konken.

Nach seinem Freispruch im Korruptionsprozess erwartet Wulff eine Entschädigung vom Land Niedersachsen. "Ich könnte Hunderttausende Euro Anwaltskosten einklagen." Er hoffe aber, dass es nicht so weit komme: "Es wird hoffentlich eine angemessene Anerkennung von Kosten der Verteidigung geben."