Chronik/Welt

Queen-Besuch: Berlin zeigt sich "very british"

Auf dem Hotel Adlon weht die britische Flagge, der Hotelvorplatz ist großräumig abgesperrt – Queen Elizabeth II ist in der Stadt: In Berlin war die Queen sieben Mal, auf offiziellem Deutschlandbesuch ist sie zum fünften Mal, genau 50 Jahre nach ihrer ersten Visite, die elf Tage dauerte.

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Der inoffiziellen Anlass ist zwar ein politischer (siehe unten), offiziell ist die 89-Jährige aber in Deutschland, um sich vom britischen Botschafter zum Geburtstag gratulieren zu lassen: Er lädt die Monarchin zur traditionellen englischen Gartenparty. 50 Liter Gin seien dafür eingekühlt, ließ Sir Simon McDonald vorab wissen, 600 Gäste werden erwartet. Weniger jedoch, als man an Sicherheitspersonal benötigt: 1000 Polizisten sind im Einsatz.

Polizisten werden auch bei der angekündigten Spreefahrt neben der Queen und Prinz Philip zu sehen sein – sowie viele Schaulustige an den Ufern: Öffentliche Termine der Queen sind nämlich rar gesät. Einige Studenten werden sie bei der "Queen’s Lecture" an der TU Berlin zu sehen bekommen. Sie wird an der Vortragsreihe, die bei ihrem ersten Berlin-Besuch 1965 ins Leben gerufen wurde, teilnehmen. Keinerlei Medienrummel wünscht die Queen jedoch bei ihrem letzten Programmpunkt. Am Freitag ist ein Besuch in der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen geplant.

Regenwetter

Ihren Geburtstag feiert die Queen übrigens deshalb im Juni, weil zu ihrem eigentlichen Jubeltag am 21. April das Wetter nie besonders gut ist. Insofern hat sich Berlin etwas einfallen lassen, um "very british" zu wirken. Es gießt nämlich bereits seit Tagen. Die Schaulustigen, die vor dem Adlon stehen, reagieren standesgemäß: Sie warten unter Schirmen mit der britischen Flagge.

So entspannt war das Verhältnis von Briten und Deutschen seit über hundert Jahren nicht mehr. Der siebte Besuch der Queen im Land ihrer Vorväter soll und wird das belegen. Auch ihre halbe Stunde unter vier Augen mit Kanzlerin Merkel am Mittwoch im Kanzleramt wird stressfrei sein – so wie die gemeinsame Schiffstour über die Spree, an der das Kanzleramt liegt.

Richtig zur Sache geht es dort erst vier Stunden später: Dann ist wieder Premierminister David Cameron im Arbeitszimmer der Kanzlerin. Aber anders als vor einem Monat. "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg", lautete die von Merkel da erstmals öffentlich benutzte Formel. Sie war ihre optimistische wenn auch vage Reaktion auf die von Cameron geäußerten Sonderwünsche an die EU: Nur deren Erfüllung werde die Volksabstimmung über das Verbleiben des Vereinigten Königreichs in der EU entschärfen. Merkels Zuspruch wurde nicht nur in Berlin als Stärkung der Pragmatiker und Liberalen in der EU gegen die inflexiblen Planwirtschaftler unter Führung von Frankreichs Präsident Hollande interpretiert.

Seither aber nutzt sich die Formel von Wille und Weg in der Dauerzuspitzung der Griechenland-Krise ab. Und Camerons Wünsche gelten nicht mehr als Hoffnung sondern als Drohung. Denn Merkels Plädoyer für eine nochmals verstärkte Sonderrolle der Briten stieß rasch auf ein kühles Nein bei fast allen EU-Partnern. Angeführt von Frankreich und Polen wurde ihr signalisiert: Die Briten bekommen nichts, was alle anderen nicht auch bekommen, also keine Extrawürste.

Selbst wenn das den EU-Austritt des Königreichs bedeuten würde. Seither heißt es im Kanzleramt, dass Merkels Sorge um einen "Brexit" viel größer sei als der um den "Grexit", den Austritt der Griechen aus der Eurozone.
Sympathien

Denn verliere Cameron die Abstimmung, käme die Statik der EU viel mehr aus dem Lot als mit dem Austritt der Griechen aus der Eurozone, zu deren Wirtschaftsleistung sie gerade noch 1,6 Prozent beitragen. Ob Merkel am Höhepunkt des Pokers mit ihnen auch noch Lust und Nerven hat, um nochmals den Spagat mit Cameron zu versuchen, darauf wartet man nicht nur in London. Die Sympathien, die die unermüdliche Queen zeitgleich für ihr Land mobilisiert, sieht man aber auch in Berlin als Aufforderung zu weiterer Kompromiss-Suche.