Chronik/Welt

Der Papst auf heikler Mission

Eine Reise mit Symbolcharakter: Bei seinem Besuch in Lateinamerika geht der Papst wieder einmal "an die Ränder". Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche hat sich bewusst Ecuador, Bolivien und Paraguay ausgesucht – drei Länder, in denen sich die bis heute ungelösten ethnischen, wirtschaftlichen und politischen Probleme Südamerikas verdichten.

Alle drei haben Erfahrungen mit Kriegen, Putschen und Diktaturen. Die Politische Instabilität hat mit dazu beigetragen, dass diese Länder arm geblieben sind. Franziskus als gebürtiger Argentinier betritt daher heikles Terrain: In den vergleichsweise "reichen" Ländern Argentinien, Brasilien und Chile suchen Zehntausende Armutsmigranten aus Bolivien und Paraguay Arbeit. Oft werden sie nicht gut behandelt. Und auch rassistische Vorurteile innerhalb Lateinamerikas spielen eine Rolle. In Argentinien und Chile dominieren die weißen Nachfahren der Europäer. Jorge Mario Bergoglio selbst hat italienische Vorfahren. In Bolivien und Paraguay leben vor allem die Nachfahren der Ureinwohner; auch in Ecuador ist der Anteil der Indigenen hoch.

Die meisten Menschen in den drei Ländern sind jedoch katholisch. Daher wird Jorge Mario Bergoglio für sie in erster Linie der Papst sein. Und seine Art, auf die Armen zuzugehen und ihnen Trost zuzusprechen, verfehlte ihre Wirkung auch bisher nicht.

Als erstes Land steht Ecuador auf dem Reiseplan – am Sonntag gegen 22 Uhr (MESZ) sollte der der 78-jährige Papst in der Hauptstadt Quito von Präsident Rafael Correa empfangen werden.

Einsatz für Indigene

Franziskus will sich in Südamerika unter anderem für die Rechte der indigenen Bevölkerung einsetzen. Die linken, indigenen Präsidenten von Ecuador und Bolivien, Rafael Correa und Evo Morales, haben im Vorfeld in ihren Ländern zu nationaler Versöhnung aufgerufen. Sie hoffen, dass angesichts des hohen Besuches die Neigung der politischen und gewerkschaftlichen Akteure zu Streiks, Besetzungen und Blockaden wenigstens für einige Zeit zur Ruhe kommt.

Andere Interessen hat Horacio Cartes, der konservative Präsident von Paraguay. Er kam zwar durch demokratische Wahlen an die Macht, doch haftet ihm der Makel an, dass sein Vorgänger, der linke Armenbischof Fernando Lugo, in einem Schnellverfahren entmachtet wurde. Ein Händedruck vom Papst könnte sein Ansehen festigen.

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Franziskus will jedenfalls die Aufarbeitung der Militärdiktaturen fördern. Der Papst wolle zu einer "Erneuerung des sozialen und politischen Lebens" und zur "demokratischen Teilhabe" in den drei Ländern ermutigen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Das Reiseprogramm des Pontifex zeigt, dass es ihm auch um die sozialen Aufgaben der Kirche geht: Franziskus wird eine Kinderklinik, ein Altersheim und das berüchtigte bolivianische Gefängnis Palmasola besuchen.

Koka-Blätter kauen

Die Ankündigung, dass der Papst in Bolivien Coca-Blätter kauen wolle, sorgt schon seit Tagen im Web für Belustigung. Franziskus habe ausdrücklich danach verlangt, sagte Kulturminister Marko Machicao. Die Blätter des Coca-Strauchs sind der Rohstoff für die Herstellung von Kokain. Das Kauen der Blätter hat in Bolivien eine lange Tradition und ist legal.

Der wohl ungewöhnlichste Programmpunkt in Bolivien ist aber wohl ein Auftritt beim "Zweiten Welttreffen der Volksbewegungen". Das erste derartige Treffen, bei dem Landlosen-Vereinigungen, Bauerngewerkschaften und Umweltgruppen mitmachten, fand 2014 in Rom statt.