Chronik/Welt

Nobelpreis ging an US-Forscher Karplus, Levitt und Warshel

Am Mittwoch wurde der dritte Nobelpreis dieses Jahres vergeben: Nach der Verleihung des Medizin-Preises am Montag und des Physik-Preises am Dienstag wurde in Stockholm die Auszeichnung für Chemie vergeben. Der Preis ist - wie im Vorjahr - mit acht Millionen Schwedischen Kronen (921.000 Euro) dotiert.

Ausgezeichnet wurden der in Österreich geborene US-Amerikaner Martin Karplus, sowie die US-Forscher Michael Levitt und Arieh Warshel für die Entwicklung mehrskaliger Modelle von komplexen chemischen Systemen. Anders gesagt: Sie bekamen die Auszeichnung für die Grundlagen für Computermodelle, die zum Verständnis und zur Vorhersage chemischer Prozesse verwendet werden.

Karplus wurde 1930 in Wien geboren, musste aber nach dem Anschluss aus Österreich in die USA flüchten. Mit ihm wird demnach die Liste der in Österreich geborenen, von den Nazis aber noch im Kindheits- bzw. Jugendalter vertriebenen Nobelpreisträger nach zuletzt Walter Kohn (Chemie-Nobelpreis 1998) und Eric Kandel (Medizin-Nobelpreis 2000) wieder um einen Namen länger. Karplus ist nach eigenen Angaben sogar neben seiner US-Staatsbürgerschaft auch noch österreichischer Staatsbürger - seine wissenschaftliche Karriere machte der theoretische Chemiker aber fernab Österreichs an den Top-Universitäten der USA und Großbritanniens.

"Gleichwertige Partner"

Die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm begründete die Auswahl der Preisträger damit, dass diese drei Forscher die Theoretische neben der experimentellen Chemie als "gleichwertige Partner" etabliert hätte, etwas, das vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen wäre, hieß es.

Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an die beiden US-Wissenschafter Robert Lefkowitz und Brian Kobilka für die Erforschung wichtiger Kommunikationskanäle von Körperzellen. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

Chemische Prozesse laufen in Sekundenbruchteilen ab, die Methoden der klassischen Chemie können bei solch schnellen Abläufen kaum mithalten. Martin Karplus, Michael Levitt und Arieh Warshel schufen die Grundlagen für präzise Analysen chemischer Prozesse am Computer. Dafür war es notwendig, Newtons klassische Physik mit der Quantenphysik zu kombinieren. Damit schufen die Preisträger die Grundlage für die meisten Fortschritte in der modernen Chemie, heißt es in der Begründung.

Die Lage von Atomen und Ionen in chemischen Verbindungen konnte zwar bereits vor den Forschungen der Preisträger weitgehend modellhaft dargestellt werden. Wenn allerdings chemische Prozesse ablaufen, verändern sich die Bindungen zwischen den Teilchen. Die herkömmlichen experimentellen Methoden waren daher, was die dynamischen Abläufe betrifft, begrenzt. Der am 15. März 1930 in Wien geborene und 1938 von den Nationalsozialisten in die USA vertriebene theoretische Chemiker Martin Karplus hatte entscheidenden Anteil daran, dass solche Prozesse nun auch virtuell analysiert werden können.

"Es ist fast unmöglich, jeden Schritt in chemischen Prozessen experimentell zu verfolgen. Die Methoden, für die nun die Forscher mit dem Nobelpreis in Chemie bedacht werden, haben es ermöglicht, diese Prozesse am Computer zu enthüllen", heißt es seitens der Akademie. "Die Simulationen sind so realistisch, dass sie die Ergebnisse traditioneller Experimente verhersagen".

"Dieser Preis handelt davon, das Chemie-Experiment in den Cyberspace zu bringen", drückte es Staffan Normark, Ständiger Sekretär der Akademie, bei der Bekanntgabe aus.