Chronik/Welt

Seit einem Jahr "Bürgermeister vom Mars"

Es ist beinahe herzig, wie er sich freut: „It’s almost my land-iversary“, ließ Curiosity über Twitter wissen – er bereite sich bereits intensiv auf den Jahrestag seiner Landung auf dem Mars vor. Am 6. August des Vorjahres setzte der Rover erstmals auf dem roten Planeten auf. Ein Jahr, in dem Curiosity seinem Namen alle Ehre machte: Er hat mehr entdeckt, als laut NASA zu erwarten war – und der good old NASA nebenbei noch einen hippen Anstrich verpasst.

Schon der Beginn seiner Mission war zum Medienspektakel hochstilisiert worden. 2,5 Milliarden Dollar ließ sich die NASA ihren kleinen Mars-Roboter kosten, seine Einsatzzeit wurde auf etwa zwei Jahre anberaumt. Dass schon zuvor Rover den roten Planeten unter die Lupe nahmen, ließ man dezent unerwähnt – Curiosity sollte seine Vorgänger Opportunity und Spirit in den Schatten stellen.

"Ihr seid cooler als früher"

Nach einer achtmontagigen Reise durch das All setzte der 900-Kilo-Rover Anfang August auf dem Marsboden auf – „sieben Minuten des quälenden Bangens" hatten NASA-Experten das komplexe Landemanöver bereits im Vorfeld getauft. Die Qual hat sich schlussendlich mehr als gelohnt: Der Roboter hinterließ erste Spuren auf der Oberfläche des roten Planeten – währenddessen avancierte ein NASA-Techniker zum Internetstar.

Bobak Ferdowsi, Flugdirektor der Mission und Besitzer eines Irokesenschnittes, stahl dem neuen Marsbewohner ein wenig die Show. Seine Frisur und seine Präsenz bei der Live-Übertragung waren Grund genug für das Netz, ihm ein Meme zu basteln: „The Mohawk Guy“ war geboren. Sogar US-Präsident Barack Obama registrierte die neue Coolness der Weltraumforscher: „Es scheint, als wäre die NASA weit entfernt von den weißen Hemden und dunklen Hornbrillen von einst. Ihr seid ein wenig cooler als ihr es früher wart.“

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1,3 Millionen folgen dem Rover

Curiosity half danach auch ordentlich, der NASA den ungeliebten Nerd-Faktor zu nehmen: Der Rover wurde mit einem eigenen Twitter-Account und einer Facebook-Seite versehen. Dort gab er von sich, was auf dem Mars gerade vor sich ging – in Ich-Form und durchaus amüsant, gefolgt von 1,3 Millionen Interessierten. Ein Hang zu Selbstporträts komplettierte das anthropomorphe Bild des Roboterfahrzeugs; auf Foursquare wurde der Kleine gar zum „Bürgermeister auf dem Mars“.

Dass Curiosity währenddessen teils bahnbrechende Erkenntnisse für die Wissenschaft lieferte, ging dennoch im Hype nicht unter. Das Wissen, dass auf dem Mars die richtigen Umstände für Lebewesen herrschen würden, hat etwa der Rover zutage gefördert. Auch die Tatsache, dass es auf dem roten Planeten einst Wasser gegeben haben muss. Und auch weitere Details wie fehlendes Methan, was auf Lebewesen hindeuten könnte, oder eine extrem hohe Strahlenbelastung auf dem Planeten: Wären – theoretischerweise - statt des Rovers Astronauten zum Mars geflogen, hätten sie dies nicht überlebt.

"Kann ich heim?"

Wie lange Curiosity auf dem Roten Planeten noch seinen Dienst versehen wird, ist ungewiss – die Mission wurde wegen ihres Erfolgs kürzlich auf unbestimmte Zeit verlängert. Wissenschafts-Cartooinist Randall Munroe hat dem kleinen Gefährt deshalb kürzlich einen seiner populären XKCD-Comics gewidmet – und lässt ihn dort vereinsamt nach Jahren des Einsatzes fragen: „Hab‘ ich meine Arbeit gut erledigt? Kann ich heim? Leute?“

Dass die Leute am Erdboden ganz auf Curiosity vergessen, darf bezweifelt werden. Zumindest vorerst wird das nicht passieren, plant die NASA doch zum Jahrestag der Mission sogar ein Geburtstagsfest für ihren Star: Im Washingtoner Hauptquartier werden im Beisein diverser All-Prominenz - NASA-Chef Charles Bolden und die Astronauten der Internationalen Raumstation ISS sind geladen - die Highlights aus einem Jahr Curiosity auf Video gezeigt.

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